.

Richtlinie für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung in der Evangelischen Kirche
in Mitteldeutschland

Vom 30. November 2021 (ABl. 2022 S. 6).

Das Landeskirchenamt hat aufgrund von Artikel 64 Absatz 1 Satz 3 der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Kirchenverfassung EKM – KVerfEKM) vom 5. Juli 2008 (ABl. S. 183) folgende Richtlinien für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland beschlossen:
####

1. Grundsätzliches

1.1.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung versteht sich als eine interne kirchliche Beratungseinrichtung und ist ein Angebot in der EKM.
1.2.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung versteht sich als kirchlicher Dienst in der Tradition einer sich ständig erneuernden Kirche.
1.3.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung arbeitet auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes.
1.4.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung versteht Gemeinde und Kirche als lernende Organisation. Mit ihrer Arbeit stärkt sie die Selbststeuerung von Gemeinde und Kirche.
1.5.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung sieht in Konflikten Chancen zu Entwicklung und Veränderung.
#

2. Ziele

Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung hat das Ziel, kirchliche Systeme und Leitungsorgane so zu fördern, dass sie ihre Ziele klären, Entwicklungschancen erkennen und nutzen, Konflikte auch als Entwicklungspotenzial wertschätzen, Kommunikationsformen überprüfen und verbessern sowie in ihrer Identität wachsen können.
#

3. Grundlagen der Arbeit und Selbstverständnis der Beratung

3.1.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung nimmt sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden der Organisationsentwicklung, der systemischen Beratung und andere Beratungsansätze auf, soweit sie der christlichen Grundlegung entsprechen.
3.2.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung geschieht auf Anfrage von Gemeinden, Einrichtungen oder Gremien. Diese bestimmen in Absprache mit dem Beratungsteam, mit welchem Ziel und in welcher Weise die Beratung geschehen soll. Dies wird als Vereinbarung in einem Beratungskontrakt festgehalten.
3.3.
Um Arbeitsfähigkeit und Ergebnisse zu ermöglichen, kann Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung nur unter aktiver Teilnahme aller Beteiligten und damit freiwillig geschehen.
3.4.
In besonderen Fällen kann Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung von der aufsichtsführenden Dienststelle bzw. der oder dem Dienstvorgesetzten dringend zur Klärung von Problemen und Konflikten empfohlen werden.
3.5.
In diesen Fällen kann auch ein „Dreieckskontrakt“ geschlossen werden. Die Dienststelle bzw. die oder der Dienstvorgesetzte hat das Recht, Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung und die Beteiligten mit einer Klärung zu beauftragen, allerdings ohne Zielvorgabe für den Beratungsprozess.
3.6.
Die Beraterinnen und Berater behandeln alle mit dem Beratungsprozess zusammenhängenden Inhalte vertraulich. Sie sind in ihrer Beratungstätigkeit unabhängig und unterliegen keiner Berichtspflicht. Im Falle eines Dreieckskontraktes werden Form und Inhalt der Mitteilungen an die Leitung vorab im „Dreieckskontrakt“ vereinbart.
3.7.
Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung unterscheidet sich von Therapie und Seelsorge und einem ergebnisgebundenen Beratungsansatz sowie von Personalentwicklung im Auftrag von Leitung.
3.8.
Die Beraterinnen und Berater befinden sich über den Beratungsprozess hinaus in keiner strukturellen Beziehung zu den zu Beratenden. Sie haben keine Aufsichtsbefugnisse oder -pflichten. Sie arbeiten in der Regel zu zweit.
#

4. Inhalte und Anlässe von Beratung

4.1.
Inhalte von Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung sind vor allem Prozesse von Kommunikation und Kooperation, Leitung und Konfliktbearbeitung. Thematisiert werden auch Fragen des gemeindlichen oder kirchlich-institutionellen Selbstverständnisses, von Leitbildern und Identifikation der Beteiligten mit der gemeinsamen Arbeit.
4.2.
Anlässe für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung auf unterschiedlichen Ebenen können Neuanfänge, Begleitung von Veränderungsprozessen und Bilanzierung, Konzeptentwicklung und Planung, Veränderungen im sozialen Umfeld, strukturelle Neuordnung sowie Konflikte in Kirchengemeinden, Regionen bzw. Kirchenkreisen sein.
#

5. Finanzierung der Beratung

5.1.
Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland schafft im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten die Voraussetzungen, die Fort- und Weiterbildung der Gemeindeberaterinnen und Gemeindeberater und weiterer berufsbegleitender Maßnahmen zu unterstützen.
5.2.
Die Kosten für Beratungstätigkeit und sonstige Kosten (Fahrtkosten, Unterkunft und Verpflegung für die Beraterinnen und Berater) trägt die zu beratende Gemeinde oder Einrichtung nach den festgelegten Sätzen (Anlage). Die Abrechnung der Kosten der Beratung (Fahrtkosten und Honorare/Gebühren) erfolgt durch die Beraterinnen und Berater selbst bzw. für im Gemeindedienst Beschäftigte und bei Juniorberaterinnen und Juniorberatern durch die Geschäftsstelle im Gemeindedienst.
#

6. Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung

Es wird die Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung der EKM gebildet. Für die Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung gilt:
6.1.
Die durch das Landeskirchenamt, Dezernat Bildung und Gemeinde, beauftragten Gemeindeberaterinnen und Gemeindeberater bilden die Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung in der EKM. Die Geschäftsführung der AG erfolgt im Gemeindedienst.
6.2.
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung nehmen regelmäßig an den Treffen der Arbeitsgruppe teil. Diese verpflichtenden Treffen garantieren, dass alle in einem kollegialen Verbund stehen und durch den fachlichen Austausch die Qualitätssicherung und die Fortbildung gesichert sind. Die entstehenden Sachkosten werden nach Maßgabe des Haushalts durch die Geschäftsstelle im Gemeindedienst erstattet.
6.3.
Die Teilnahme der Beraterinnen und Berater an der praxisbegleitenden Gruppensupervision ist in den Standards für GBOE festgelegt. Die Finanzierung erfolgt entsprechend der Kirchlichen Supervisionsordnung.
6.4.
Die Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung der EKM ist Mitglied in der Gesellschaft für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland (GBOE).
#

7. Beraterinnen und Berater – Vernetzungsstruktur

7.1.
Voraussetzung für die Arbeit als Gemeindeberaterin bzw. Gemeindeberater im Auftrag der EKM ist eine abgeschlossene Ausbildung in Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung (Zertifikat). Diese Ausbildungen orientieren sich an den Standards, die von der Gesellschaft für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung der Evangelischen Kirche in Deutschland vereinbart wurden.
7.2.
Die Zulassung zur Ausbildung in der EKM erfolgt im Einvernehmen zwischen der/dem an der Ausbildung Interessierten, der Geschäftsstelle Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung im Gemeindedienst der EKM, dem jeweiligen Ausbildungsträger sowie bei kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Absprache mit der Referatsleiterin oder dem Referatsleiter für Personalentwicklung im Landeskirchenamt und den unmittelbaren Dienstvorgesetzten.
7.3.
Die Beraterinnen und Berater werden nach Votum durch die Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung in der Regel für fünf Jahre beauftragt. Erneute Beauftragungen sind möglich. Die Beauftragung erfolgt auf Empfehlung der Geschäftsstelle durch das Landeskirchenamt.
7.4.
Mit der Beauftragung ist die Festlegung der Rahmenbedingungen verbunden (Honorarhöhe, Bindung an Standards der GBOE, Mitarbeit in der AG GBOE, ggf. Genehmigung Nebentätigkeit).
7.5.
Die Nebentätigkeit ist dem Dienstherrn anzuzeigen, für Pfarrerinnen und Pfarrer bedarf sie der Genehmigung. Die Regelungen des Pfarrerdienstrechts bzw. der KAVO sind zu beachten.
#

8. Einbindung in das Landeskirchenamt

8.1.
Die Arbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung ist durch die Geschäftsführung im Sachbereich GB/OE im Gemeindedienst der EKM dem Referat „Gemeinde und Seelsorge“ im Landeskirchenamt der EKM zugeordnet.
8.2.
Das Referat „Gemeinde und Seelsorge“ ist Ansprechpartner für alle Fragen, die die Förderung der Beratungstätigkeit und deren finanzielle Grundlagen betreffen.
#

9. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Richtlinie für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung in der Förderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland vom 19. April 2005 (ABl. S. 182) außer Kraft.
#

Anlage

####

Kostensätze – Beratungspauschale

Gemäß Nr. 5.2. der Richtlinie werden nachfolgende Beratungspauschalen für Gemeindeberatung/Organisationsentwicklung erhoben:
  • ­Pro 90 Minuten 135 €.
    Die Berechnung erfolgt für die tatsächlich erfolgten Beratungszeiten (15-min-genau).
    Vorgespräch: pauschal 135 €
  • Kommen zwei Beraterinnen der AG gemeinsam zum Einsatz, erfolgt die Abrechnung zu je ½ dieser Sätze.
  • Reisezeiten werden bis 50 km Entfernung (zw. Wohnort und Beratungsort) nicht berechnet. Für weiter entfernte Beratungsorte wird je Gemeindeberater bzw. Gemeindeberaterin ein pauschaler Satz berechnet, und zwar:
    • über 50 km bis 100 km: 45 €,
    • über 100 km bis 200 km: 90 €,
    • über 200km: 120 €.
­
  • Fahrtkosten nach Reisekostenrecht der EKM
  • (+ ggf. Kosten für Übernachtung und Verpflegung)