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Kirchengesetz über das Ehrenamt
in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
(Ehrenamtsgesetz – EAG)

Vom 25. November 2023 (ABl. S. 232).

Die Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat aufgrund von Artikel 55 Absatz 2 Nummer 2 und Artikel 80 Absatz 1 Nummer 2 der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Kirchenverfassung EKM – KVerfEKM) vom 5. Juli 2008 (ABl. S. 183), zuletzt geändert am 17. April 2021 (ABl. S. 98), das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Präambel

Kirchlicher Dienst ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Alle, die beruflich und ehrenamtlich in der Kirche tätig sind, wirken als Mitarbeitende an der Erfüllung dieses Auftrages mit. Die Beteiligung und Mitarbeit stehen auch Menschen offen, die nicht als Mitglied der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland angehören. Ehrenamtliche Mitarbeit ist freiwilliges Engagement zum Nutzen aller. In der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland bietet sie vielfältige Chancen, Gaben und Fähigkeiten einzubringen, weiterzuentwickeln und gemeinsam mit anderen gestaltend und verantwortlich tätig zu werden. Ehrenamtliche Mitarbeit ist unentgeltliche Tätigkeit, die sich von gelegentlichen praktischen Hilfen bis zur vertraglich geregelten Mitarbeit mit ausgewiesener Qualifikation erstreckt. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland schafft für ehrenamtlich Mitarbeitende förderliche Rahmenbedingungen.
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§ 1
Gegenstand und Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Gesetz gilt für alle in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ehrenamtlich Mitarbeitenden. Es regelt die grundlegenden Bedingungen für die ehrenamtliche Mitarbeit. Dieses Gesetz regelt nicht die Tätigkeit gegen Entgelt. Es kann auf nebenberufliche Tätigkeiten durch die jeweiligen Träger entsprechend angewandt werden.
( 2 ) Dieses Gesetz findet nur Anwendung, soweit nicht in anderen Gesetzen oder in auf diesen beruhenden Rechtsverordnungen spezielle Regelungen enthalten sind.
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§ 2
Gewinnung zur ehrenamtlicher Mitarbeit

( 1 ) Träger der ehrenamtlichen Mitarbeit sind die Kirchengemeinden, Kirchenkreise und die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland mit ihren unselbständigen Einrichtungen und Werken. Es ist Aufgabe der jeweiligen Leitungsgremien und aller beruflich Mitarbeitenden, Menschen für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. Sie sollen ansprechen und zum ehrenamtlichen Engagement motivieren.
( 2 ) Die Leitungsgremien oder durch sie Beauftragte klären gemeinsam mit den Interessierten mögliche Aufgaben für die ehrenamtliche Mitarbeit. Dabei werden die Qualifikation, die persönliche Eignung der Interessierten und der mögliche Bedarf sowie die Entwicklungsmöglichkeiten beim Träger berücksichtigt.
( 3 ) Die Träger ehrenamtlicher Tätigkeit sind verantwortlich für die Gestaltung guter Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Mitarbeitende. Sie sollen Möglichkeiten zum Kennenlernen des Trägers und seiner Aufgaben anbieten.
( 4 ) Den jeweiligen Leitungsgremien wird empfohlen, Strategien der Förderung für ehrenamtliche Arbeit zu entwickeln. Sie dienen als Grundlage, Gaben und Befähigungen zu entdecken und zu fördern sowie die Arbeit mit ehrenamtlich Mitarbeitenden zu planen und umzusetzen. Die Strategien der Ehrenamtsförderung können unter anderem Ziele und Inhalte ehrenamtlicher Tätigkeiten, Kompetenzen, Ort, Umfang, Dauer, Ressourcen und Wege zur Begleitung der Arbeit enthalten. Bestehende (gemeinde-)übergreifende Konzeptionen werden dabei berücksichtigt. Die Leitungsgremien sollen bei der Erstellung von Konzeptionen offen für neue Initiativen von ehrenamtlich Mitarbeitenden bleiben.
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§ 3
Beauftragung

( 1 ) Ehrenamtliche Mitarbeit setzt einen Auftrag voraus. Vorab sind die Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Mitarbeit zu klären.
( 2 ) Aufgaben, Zuständigkeiten und Befugnisse sowie der örtliche, zeitliche und finanzielle Rahmen einer längerfristigen ehrenamtlichen Tätigkeit bedürfen der vorherigen Absprache und Festlegung mit den ehrenamtlich Mitarbeitenden. Diese sind über ihre Rechte und Pflichten zu informieren.
( 3 ) Die Rahmenbedingungen für die ehrenamtliche Mitarbeit können schriftlich vereinbart werden. Vereinbarungen sind zu befristen. Sie können verlängert oder vorzeitig aufgelöst werden.
( 4 ) Beginn und Ende der längerfristigen ehrenamtlichen Tätigkeit sollen in einem angemessenen Rahmen begangen und bekannt gegeben werden. Ehrenamtlich Mitarbeitende können in einem Gottesdienst nach der Ordnung der Agende in ihr Amt eingeführt und verabschiedet werden.
( 5 ) Auf Wunsch der ehrenamtlich Mitarbeitenden wird über ihren Dienst und die dabei erworbenen Qualifikationen eine schriftliche Bescheinigung ausgestellt. Bei Bewerbungen für den kirchlichen Dienst sollen im Ehrenamt und bei Fortbildungen im Ehrenamt erworbene Qualifikationen angemessen berücksichtigt werden.
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§ 4
Begleitung

( 1 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende haben Anspruch auf geistliche Stärkung, fachliche und persönliche Einarbeitung, Begleitung, Beratung und Unterstützung.
( 2 ) Der Zugang zu den für die Tätigkeit notwendigen Informationen, Räumen und Arbeitsmitteln wird nach Maßgabe der Beschlüsse des jeweiligen Leitungsgremiums gewährt.
( 3 ) Die für ihre Tätigkeit erforderlichen Informationen sind von den jeweils Zuständigen an die ehrenamtlich Mitarbeitenden rechtzeitig weiterzugeben. Ehrenamtlich Mitarbeitende sind in die ihren Aufgabenbereich betreffenden Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
( 4 ) Allen ehrenamtlich Mitarbeitenden sind durch die jeweils zuständigen Verantwortlichen Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen für ihren Dienst zu benennen.
( 5 ) Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des jeweiligen Arbeitsfeldes eines Trägers sollen sich in regelmäßigen Abständen zu Besprechungen treffen. Diese Zusammenkünfte dienen der Zusammenarbeit, dem Erfahrungsaustausch, der konzeptionellen Planung und der Gewährleistung des wechselseitigen Informationsflusses.
( 6 ) Die jeweils zuständigen verantwortlichen Personen bzw. Gremien sollen sich regelmäßig mit der Situation des Ehrenamtes in ihrem Bereich befassen. Dabei ist neben der Entwicklung auch auf Überforderungen und Überlastungen ehrenamtlich Mitarbeitender zu achten.
( 7 ) Die jeweiligen Leitungsgremien bzw. die verantwortlichen Personen sorgen für eine angemessene Anerkennung und Wertschätzung des ehrenamtlichen Dienstes.
( 8 ) Ehrenamtlich Engagierte in Leitungsfunktionen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit und Begleitung.
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§ 5
Rechte und Pflichten

( 1 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende haben Anspruch auf Fort- und Weiterbildung sowie bei Bedarf auf Supervision. Für einige Tätigkeitsbereiche besteht darüber hinaus die Verpflichtung zu Fort- und Weiterbildung. Die ehrenamtlich Mitarbeitenden werden über entsprechende Angebote informiert.
( 2 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende beteiligen sich im angemessenen Umfang an den für sie vorgesehenen Angeboten.
( 3 ) Über vertrauliche Angelegenheiten, die ihnen bei ihrem Dienst bekannt werden, haben ehrenamtlich Mitarbeitende Verschwiegenheit zu wahren. Dort, wo sie mit personenbezogenen Daten in Kontakt kommen, sind sie in Datenschutzbestimmungen einzuweisen und auf deren Einhaltung mit Unterzeichnung einer Erklärung zu verpflichten. Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch über die Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit hinaus. Ehrenamtlich Mitarbeitende haben über alles zu schweigen, was ihnen in Ausübung von Seelsorge anvertraut oder bekannt geworden ist.
( 4 ) Im Bereich Kinder- und Jugendarbeit sowie in anderen Bereichen ist in den vorgeschriebenen Fällen ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Hat der Träger die Erstellung des Führungszeugnisses veranlasst, soll er entstehende Kosten übernehmen.
( 5 ) Ehrenamtliche Mitarbeit bedeutet, Aufgaben verlässlich und verantwortlich zu übernehmen. Bei Pflichtverletzungen kann die Beauftragung beendet werden. Den ehrenamtlich Mitarbeitenden ist zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
( 6 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende können ihr Engagement jederzeit durch einfache Erklärung beenden.
( 7 ) Bei Beendigung der ehrenamtlichen Mitarbeit sollen alle vom Träger zur Verfügung gestellten Materialien, insbesondere Arbeitsmittel und Unterlagen, zurückgegeben werden.
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§ 6
Finanzierung und Aufwendungsersatz

( 1 ) Die ehrenamtliche Tätigkeit erfolgt unentgeltlich.
( 2 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende haben nach vorheriger Absprache Anspruch auf Ersatz der im Rahmen ihrer Tätigkeit und für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen erforderlich gewordenen Aufwendungen (z. B. Telefon und Portokosten, Arbeitsmaterial und -hilfen, Reisekosten, Betreuungskosten für Familienangehörige). Aufwendungen können auch in Form einer Sachkostenpauschale erstattet werden.
( 3 ) Die Träger sind verpflichtet, im jeweiligen Haushaltsplan in angemessenem Umfang Haushaltsmittel für ehrenamtlich Mitarbeitende und deren Begleitung vorzusehen.
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§ 7
Versicherungs- und Rechtsschutz

( 1 ) Ehrenamtlich Mitarbeitende genießen während der Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der für den Bereich der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland abgeschlossenen Sammelversicherungsverträge Versicherungsschutz.
( 2 ) Wird im Zusammenhang mit der Ausübung ehrenamtlich mitarbeitender Tätigkeit Rechtsberatung erforderlich, sind ehrenamtlich Mitarbeitende berechtigt, sich an die zuständigen Stellen im Kreiskirchenamt zu wenden. Wird darüberhinausgehender Rechtsschutz erforderlich, können auf Antrag die dafür notwendigen Kosten durch den Träger übernommen werden.
( 3 ) Die Ehrenamtlichen sind während ihrer Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.
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§ 8
Haftung

Für Schäden Dritter aus ehrenamtlicher Tätigkeit im Auftrag eines Trägers, haftet grundsätzlich der Träger. Verletzen ehrenamtlich Mitarbeitende vorsätzlich oder grob fahrlässig ihnen obliegende Pflichten, so haben sie dem Träger, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dasselbe gilt, wenn der Träger Dritten Schadensersatz zu leisten hat. Haben mehrere ehrenamtlich Mitarbeitende den Schaden gemeinsam verursacht, so haften sie gesamtschuldnerisch.
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§ 9
Schlussbestimmungen

( 1 ) Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlässt der Landeskirchenrat.
( 2 ) Das Landeskirchenamt wird ermächtigt, eine Verwaltungsanordnung für Einzelvergütungen im nebenberuflichen Dienst der EKM zu erlassen.
( 3 ) Dieses Gesetz tritt zum 1. Januar 2024 in Kraft.