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Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt
und den Evangelischen Landeskirchen
in Sachsen-Anhalt über den kirchlichen
Dienst an Polizeibeamten
(Polizeiseelsorgevereinbarung)

Vom 30. Juni 1994

(ABl. EKKPS S. 98)

Das Land Sachsen-Anhalt
(im Folgenden: das Land),
vertreten durch den Ministerpräsidenten,
dieser vertreten durch den Minister des Innern
und
die Evangelische Landeskirche Anhalts,
die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig,
die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen
sowie
die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens,
die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen
(im Folgenden: die Kirchen),
jeweils vertreten durch ihre kirchenordnungsgemäßen Vertreter,
schließen
in Ausführung des Vertrages des Landes Sachsen-Anhalt mit den Evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen-Anhalt) und den darin enthaltenen Regelungen über die Polizeiseelsorge folgende Vereinbarung:
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§ 1

Das Land gewährleistet die Ausübung eines besonderen kirchlichen Dienstes an den Polizeibeamten (Polizeiseelsorge) durch die Evangelischen Kirchen in Sachsen-Anhalt.
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§ 2

Der Dienst der Polizeiseelsorge steht allen Polizeibeamten zur Verfügung, insbesondere sofern sie zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften verpflichtet sind, unbeschadet der Zuständigkeit des örtlichen Pfarramtes.
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§ 3

Der Dienst der Kirche umfasst Gottesdienst, Seelsorge und die Gestaltung des berufsethischen Unterrichts.
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§ 4

( 1 ) Die Kirchen beauftragen Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter (im Folgenden Polizeiseelsorger) im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern mit der Ausübung der Polizeiseelsorge im Haupt- und Nebenamt. Diese sind bei Gottesdienst und Seelsorge an staatliche Weisungen nicht gebunden. Für diesen Dienst gelten ausschließlich die Ordnungen der Kirchen.
( 2 ) Der Polizeiseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er untersteht entsprechend dem Pfarrerdienstrecht bzw. dem Kirchlichen Arbeitsrecht der Dienst- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche.
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§ 5

( 1 ) Die Kirchen bestellen einen der Polizeiseelsorger zu ihrem Beauftragten für diesen Dienst.
( 2 ) Der Beauftragte für Polizeiseelsorge und die leitenden Behörden der Kirchen sind Ansprechpartner des Landes für die Polizeiseelsorge.
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§ 6

( 1 ) Das Land unterstützt die Teilnahme der Polizeibeamten an kirchlichen Tagungen und religiösen Bildungsveranstaltungen. Es gewährt den Polizeibeamten hierfür nach Bedarf Sonderurlaub gemäß den Bestimmungen der Verordnung über den Urlaub der Beamten im Land Sachsen-Anhalt – UrlVO vom 9. 11. 1993 (GVBl. LSA 93, S. 688).
( 2 ) Wenn die Kirchen Gottesdienste und Sprechstunden für Polizeibeamte anbieten, wird den Beamten die Teilnahme durch Dienstbefreiung ermöglicht, sofern dringende dienstliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. Die Termine für diese kirchlichen Dienste sind im Einvernehmen mit den polizeilichen Dienststellen festzusetzen.
( 3 ) Die Bildung eines Beirates zur Unterstützung der Polizeiseelsorge wird vom Land begrüßt. Das gleiche gilt für die Bildung freiwilliger Arbeitsgemeinschaften, die in der Regel außerhalb der Dienstzeit zusammentreffen.
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§ 7

( 1 ) Dem Polizeiseelsorger sind die zur Wahrnehmung seines Amtes erforderlichen Räume und sonstigen sächlichen Mittel in angemessenem Rahmen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
( 2 ) Desgleichen werden die Kirchen die Polizeiseelsorge bei Bedarf durch Überlassung von Räumen unterstützen.
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§ 8

( 1 ) Zur sachgerechten Wahrnehmung des Dienstes ist den Polizeiseelsorgern Gelegenheit zu geben, den Dienst der Polizeibeamten im Einsatz kennenzulernen, soweit dies aus dienstlichen und rechtlichen Gründen zu vertreten ist.
( 2 ) Bei Einsätzen geschlossener Verbände soll der zuständige Polizeiseelsorger eingeladen werden, diese Verbände zu begleiten, sofern nicht dienstliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen.
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§ 9

Die Kosten für die Polizeiseelsorge tragen die Kirchen; § 7 bleibt unberührt.
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§ 10

( 1 ) Die Kirche übernimmt einen Teil des berufsethischen Unterrichts bei der Ausbildung der Polizeibeamten. Er wird unter der Fachaufsicht der zuständigen schulischen Einrichtungen nach den geltenden Lehrplänen erteilt.
( 2 ) Die Kirche schlägt den schulischen Einrichtungen vor, wer einen Lehrauftrag für den berufsethischen Unterricht erhalten soll.
( 3 ) Der Stundensatz für den von der Kirche übernommenen Teil des berufsethischen Unterrichts in den einzelnen Ausbildungsgängen wird durch Absprache zwischen den Vertragsschließenden festgelegt und in die Lehrpläne aufgenommen.
( 4 ) Den Unterrichtenden wird im Rahmen der geltenden Lehrpläne und der von den schulischen Einrichtungen vorgegebenen Themen Freiheit bei der Gestaltung des Lehrstoffes eingeräumt. Zur Festlegung der Themen des berufsethischen Unterrichts können die Unterrichtenden Vorschläge machen.
( 5 ) Das Land zahlt für den berufsethischen Unterricht angemessene Lehrvergütungen. Die Höhe richtet sich nach den jeweils geltenden Regelungen für den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen.
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§ 11

( 1 ) Der Polizeiseelsorger hat das Recht, auf dem kirchlichen Dienstweg Beschwerde bei dem Minister des Innern einzulegen, wenn Konflikte in der Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen der Polizei auftreten.
( 2 ) Der Minister des Innern wird Beschwerden der Verantwortlichen der Polizei über die Tätigkeit des Polizeiseelsorger alsbald an die Kirchen weiterleiten. Die Kirchen bemühen sich, Beschwerden im Gespräch mit dem Polizeiseelsorger zu klären. Das Ergebnis wird in einem Protokoll festgehalten.
( 3 ) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Polizeiseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen seinen weiteren Dienst ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen Land, zuständiger Kirche und Polizeiseelsorger ausgeräumt werden, so kann das Land seine Abberufung verlangen. Der betroffene Polizeiseelsorger hat das Recht, vor einer Entscheidung von der Kirchenleitung bzw. vom Minister des Innern gehört zu werden.
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§ 12

Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen.
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§ 13

Personen und Funktionsbezeichnungen in dieser Vereinbarung gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
Diese Vereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft.
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Protokollnotiz

Im Rahmen der Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den evangelischen Landeskirchen in Sachsen-Anhalt über den kirchlichen Dienst an Polizeibeamten (Polizeiseelsorgevereinbarung) gibt das Land Sachsen-Anhalt folgende Erklärung ab, die Bestandteil der Vereinbarung ist:
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Zu § 6 Absatz 1

Das dienstliche Interesse an der Teilnahme von Polizeibeamten an Arbeitstagungen im Rahmen der Polizeiseelsorge wird durch das Land Sachsen-Anhalt anerkannt. Das Land Sachsen-Anhalt beabsichtigt, die Verordnung über den Urlaub der Beamten im Land Sachsen-Anhalt vom 9. 11. 1993 (GVBl. LSA 93, S. 688) zu ändern, so dass für die Teilnahme an Arbeitstagungen im Rahmen der Polizeiseelsorge Sonderurlaub gewährt werden kann. Bis zur Änderung der Urlaubsverordnung wird das Land Sachsen-Anhalt entsprechend verfahren.