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Vereinbarung des Freistaates Sachsen mit
den evangelischen Landeskirchen im Freistaat
Sachsen zur Regelung der Seelsorge in
staatlichen Krankenhäusern (Evangelische Krankenhausseelsorgevereinbarung – EvKSV)

Vom 23. Dezember 1997

(ABl. EKKPS 1998 S. 84)

Der
Freistaat Sachsen,
vertreten durch den
Staatsminister für
Soziales, Gesundheit und Familie.
– der Freistaat –
sowie
die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens,
vertreten durch das Ev.-Luth. Landeskirchenamt,
und
die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen,
vertreten durch die Kirchenleitung,
– die Kirchen –
haben gemäß Artikel 13 Abs. 3 des Vertrages des Freistaates Sachsen mit den evangelischen Landeskirchen im Freistaat Sachsen (Evangelischer Kirchenvertrag Sachsen) vom 24. März 1994 (SächsGVBl. S. 1253) zur Regelung der Seelsorge in den staatlichen Krankenhäusern des Freistaates Sachsen folgende Vereinbarung geschlossen:
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Artikel 1

( 1 ) Die Seelsorge in den Krankenhäusern und Heimen bildet einen Teil der allgemeinen Seelsorge der Kirchen. Sie unterstützt den Heilungs- und Gesundungsprozess des Patienten und trägt dazu bei, sein mit der Krankheit verbundenes Leid zu bewältigen. Mit ihrer Regelung sichert der Freistaat die freie Religionsausübung des Patienten.
( 2 ) Die evangelische Seelsorge in Krankenhäusern einschließlich Maßregelvollzugseinrichtungen und Heimen, die in unmittelbarer Trägerschaft des Freistaates dem Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie (Staatsministerium) nachgeordnet sind (Krankenhäuser), wird durch Krankenhausseelsorger wahrgenommen. Krankenhausseelsorger sind Pfarrer und Pfarrerinnen sowie andere, durch die jeweilige Kirche oder eine ihrer Gliederungen beauftragte Mitarbeiter im Haupt- und Nebenamt.
( 3 ) Die Freiheit der Verkündigung und das Beicht- und Seelsorgegeheimnis werden gewährleistet.
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Artikel 2

( 1 ) Zur Ausübung seines Dienstes kann der Krankenhausseelsorger die Einrichtungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen. Er berücksichtigt dabei die für Krankenhäuser geltenden Bestimmungen. Bei Todesnot und in anderen dringenden Fällen hat er jederzeit Zutritt. Die Krankenhausleitung wird bei Bedarf organisatorische Maßnahmen treffen, die zur Ausübung des Dienstes des Krankenhausseelsorgers geeignet und erforderlich sind. Sie weist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Krankenhausseelsorge hin.
( 2 ) Der Freistaat stellt die für den Dienst des Krankenhausseelsorgers erforderlichen Räume zur Verfügung (gottesdienstlicher Raum und Dienstzimmer). Die Planung, Gestaltung und Einrichtung von Gottesdiensträumen erfolgen durch den Freistaat im Einvernehmen mit den Kirchen. Für die Dauer des Bestehens eines Krankenhauses im Sinne des Artikels 1 Abs. 2 Satz 1 wird der Widmungszweck einer bestehenden Anstaltskirche oder -kapelle gewährleistet. Soweit diese zweckentfremdet genutzt sind, soll ihre widmungsgemäße Nutzung wieder ermöglicht werden, sobald die haushaltsrechtlichen Gegebenheiten dies zulassen. Bei der Planung von Krankenhausneubauten soll der erforderliche Gottesdienstraum vorgesehen werden.
( 3 ) Der Krankenhausseelsorger kann im Einvernehmen mit der Krankenhausleitung geeignete freiwillige Helfer, unterstützende Gruppen sowie Seelsorger, Seelsorgehelfer und Dolmetscher für seinen Dienst hinzuziehen.
( 4 ) Die Krankenhausleitung stellt dem Krankenhausseelsorger die für seine Tätigkeit nötigen Informationen zur Verfügung. Die Übermittlung von Patientendaten ist nur mit Zustimmung des Patienten zulässig. Sozial- und datenschutzrechtliche Bestimmungen sind zu beachten.
( 5 ) Bei der Aufnahme in das Krankenhaus wird auch die Konfession des Patienten erfragt. Die Angabe bleibt dem Patienten anheimgestellt. Der Krankenhausseelsorger wird über den Namen des Patienten informiert.
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Artikel 3

( 1 ) Der Krankenhausseelsorger hat im wesentlichen folgende Aufgaben:
  • Regelmäßige Feier von Gottesdiensten,
  • Einzelseelsorge einschließlich der Besuche am Krankenbett und der Aussprache mit den einzelnen Patienten sowie Personen ihres Vertrauens,
  • Beichte und Heiliges Abendmahl,
  • Durchführung kirchlicher Kasualhandlungen,
  • Angebot von Gruppenarbeit, Kursen und Unterweisungsstunden,
  • Angebote für Gespräche mit Patientengruppen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung medizinischen Fachpersonals,
  • seelsorgerliche Beratung und Begleitung, auch für die Angehörigen von Patienten, in allen Lebensfragen,
  • Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst des Krankenhauses,
  • Seelsorge gegenüber den Mitarbeitern des Krankenhauses, unbeschadet der Zuständigkeit des Gemeindepfarrers,
  • beratende Mitwirkung bei Fragen der sozialen Hilfen für die Patienten und ihre Familien,
  • beratende Mitwirkung bei der Anschaffung von Büchern und Zeitschriften für die Patientenbibliothek,
  • Mitwirkung an der Bearbeitung von Patientenbeschwerden,
  • Mitwirkung daran, dass die Grundsätze der Menschenwürde bei der medizinischen Behandlung und Betreuung, insbesondere auch von sterbenden Patienten, gewahrt bleiben,
  • besondere Unterstützung von Patienten im Kindesalter sowie von Kindern von Patienten,
  • Mitwirkung an der Weiterbildung der Mitarbeiter des Krankenhauses, insbesondere hinsichtlich ethischer Fragen,
  • Informations- und Öffentlichkeitsarbeit.
( 2 ) Die Aufgaben und Rechte des Krankenhausseelsorgers aus dieser Vereinbarung erstrecken sich auch auf Patienten und deren Familien, die nicht dem evangelischen Glauben angehören, jedoch seelsorgerliche Betreuung durch einen evangelischen Krankenhausseelsorger wünschen.
( 3 ) Die Rechte des Gemeindepfarrers eines Patienten werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.
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Artikel 4

( 1 ) Der Krankenhausseelsorger steht im Dienst seiner Kirche. Er wird von ihr im Benehmen mit dem Staatsministerium berufen.
( 2 ) Er untersteht der Dienst-, Lehr- und Disziplinaraufsicht seiner Kirche. Er ist verpflichtet, bei Ausübung seines Dienstes die für die Krankenhäuser geltenden Bestimmungen zu beachten. In allen dienstlichen Belangen hat er Verschwiegenheit zu wahren, auch nach Beendigung der Tätigkeit als Krankenhausseelsorger.
( 3 ) Der Krankenhausseelsorger ist in seelsorgerlichen Angelegenheiten in seinem Dienst frei. Er soll, soweit dies mit seinen beruflichen Aufgaben zu vereinbaren ist, im Interesse des Patienten mit einem vorhandenen therapeutischen Team zusammenarbeiten. Mit Zustimmung der Krankenhausleitung ist er auch berechtigt, an Dienstbesprechungen teilzunehmen. Bei Maßnahmen der Krankenhausleitung, die die Belange seines Dienstes berühren, ist er vorher zu hören.
( 4 ) Der Krankenhausseelsorger ist verpflichtet, an seinen Dienst betreffenden Weiterbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Er hat das Recht, an kirchlichen Veranstaltungen, Kursen und Tagungen, die mit seinem Dienst in Verbindung stehen, in angemessenem Umfang, ohne Anrechnung auf seinen Erholungsurlaub, teilzunehmen.
( 5 ) Bei Erkrankung, Urlaub oder sonstiger Verhinderung des Krankenhausseelsorgers stellt die Kirche im Benehmen mit der Krankenhausleitung eine Vertretung.
( 6 ) Liegen Tatsachen vor, aus denen sich gegen die Person oder die Tätigkeit des Krankenhausseelsorgers schwerwiegende Bedenken gegen die Weiterführung seines Dienstes ergeben und können diese nicht einvernehmlich zwischen dem Freistaat, der Kirche und dem Krankenhausseelsorger behoben werden, so kann der Freistaat seine Abberufung verlangen. Der Krankenhausseelsorger hat das Recht, vor der Entscheidung von den zuständigen kirchlichen Stellen und dem Staatsministerium gehört zu werden.
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Artikel 5

( 1 ) Der Freistaat erstattet den Kirchen einen jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 141 537,– DM (in Worten: einhunderteinundvierzigtausendfünfhundertundsiebenunddreißig Deutsche Mark) für die den Kirchen entstehenden Kosten der Krankenhausseelsorge. Die Zahlungen erfolgen monatlich im voraus zu jeweils einem Zwölftel auf ein von der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen zu benennendes Konto. Die interne Verteilung zwischen den Kirchen regeln diese selbst.
( 2 ) Ändern sich in der Folgezeit die Gesamtzahl der evangelischen Kirchenglieder im Freistaat, die Gesamtbevölkerung im Freistaat oder die Gesamtzahl der staatlichen Krankenhausbetten (Planbetten) im Sinne des § 1 Abs. 2 dieses Vertrages einschließlich des Maßregelvollzuges und der Heimplätze um mindestens 5 %, ist der Freistaat berechtigt und auf Verlangen der Kirchen verpflichtet, den Betrag nach Absatz 1 entsprechend anzupassen.
( 3 ) Eine Anpassung wird mit dem 1. Januar des auf den Eintritt der Änderung folgenden Jahres wirksam.
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Artikel 6

Die Kirchen sind berechtigt, im Rahmen ihrer Aufsicht (Artikel 4 Abs. 2 Satz 1) im Benehmen mit der Krankenhausleitung Visitationen in den Krankenhäusern durchzuführen, soweit dadurch nicht Rechte von Patienten und medizinische Belange beeinträchtigt werden.
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Artikel 7

( 1 ) Zweifels- oder Streitfragen sind zunächst zwischen der Krankenhausleitung und dem Krankenhausseelsorger mit dem Ziel einer Klärung oder Einigung zu erörtern.
( 2 ) Über Beschwerden des Krankenhausseelsorgers gegen die Krankenhausleitung unterrichtet das Staatsministerium die Kirche und gibt ihr Gelegenheit, sich vor der Entscheidung zu äußern.
( 3 ) Das Staatsministerium leitet Beschwerden der Krankenhausleitung über die Tätigkeit eines Krankenhausseelsorgers unverzüglich an die Kirche weiter.
( 4 ) Die Kirchen werden sich bemühen, Beschwerden im Gespräch mit dem Krankenhausseelsorger im Beisein eines Vertreters des Staatsministeriums zu klären. Die Gesprächsergebnisse sind in einer Niederschrift festzuhalten.
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Artikel 8

Bei der Abgabe eines Krankenhauses wird der Freistaat sich dafür einsetzen, dass Seelsorge nach diesen Maßstäben auch unter neuer Trägerschaft ausgeübt werden kann. Der Freistaat informiert die Kirchen rechtzeitig über beabsichtigte Trägerwechsel.
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Artikel 9

Diese Vereinbarung tritt am 1. Januar 1998 in Kraft.