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Leitlinien kirchlichen Lebens der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche
Deutschlands

– Auszug1#
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Vorwort für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen

Die Leitlinien wollen als Rahmenordnung Entscheidungshilfe und Anleitung kirchlichen Handelns sein. Sie beginnen mit der Wahrnehmung der Situation. Unsere Thüringer Gemeinden sind in einer Minderheitssituation mit volkskirchlicher Erinnerung. Die meisten Menschen leben konfessionsvergessen. Die atheistische Erziehung in den vergangenen Jahrzehnten und eine kirchenferne Lebenspraxis haben viele Menschen geprägt. Sie erfahren Kirche nicht durch Ordnungen, die sich Kirche gegeben hat, sondern durch das Verhalten und die Entscheidungen der Christen und ihrer beauftragten Vertreter vor Ort. Sie erleben unsere Kirche im konkreten Einzelfall. Ob Kirche so oder anders auf ihr Anliegen und ihre Erwartung eingeht, wird die grundsätzliche Einschätzung unserer Kirche unter der Mehrheit der Menschen in Thüringen auch weiterhin deutlich mitbestimmen.
Nicht nur Erwartungen, Bedürfnisse und Besonderheiten von Menschen ändern sich. 10 Gerade als Christen wissen wir um die Vorläufigkeit dessen, was wir wahrnehmen und entscheiden. 11 Von daher bieten die Leitlinien zum einen im Vertrauen auf Gottes Treue eine biblisch-reformatorische Grundlegung, zum anderen regen sie zugleich einen Gesprächsprozess zur Entscheidungsfindung über biblisch-theologische Grundaussagen an. 12 Die seelsorgerliche und theologische Kompetenz der Pastorinnen und Pfarrer wird durch die Beteiligung der Gemeindekirchenräte (und Synoden) erweitert. 13 Der Gesprächs- und Handlungsraum der Seelsorgerin und des Seelsorgers bleibt gewahrt.
14 Mit der Stärkung der Verantwortung der Gemeindekirchenräte (und Synoden) sowie der Entscheidung der Superintendentin oder des Superintendenten im Beschwerdefall wird der zunehmenden Einsicht in unserer Landeskirche entsprochen, dass Entscheidungen dort zu treffen sind, wo sie geistlich, redlich und kollegial verantwortet werden müssen. 15 Deutlich ist, dass bei aller Unterschiedlichkeit der Situation die Einheit kirchlichen Handels mittels Informationen und Konsultationen zu wahren ist. 16 Darum gehören die Leitlinien kirchlichen Lebens zu den Handbüchern für Kirchenälteste und Synodale.
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A. Das gottesdienstliche Leben

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1. Gottesdienst

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Regelungen2#

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1. Zeit und Ort des Gottesdienstes

( 1 ) Die Gemeinde feiert an jedem Sonntag Gottesdienst, weil dies der Tag der Auferstehung Jesu Christi ist. Gottesdienste finden auch an allen kirchlichen Feiertagen statt. Sie können darüber hinaus an anderen Wochentagen gefeiert werden.
( 2 ) Gottesdienste finden in Kirchengebäuden oder an anderen geeigneten Orten statt.
( 3 ) Zeiten und Orte der Gottesdienste bestimmt grundsätzlich der Kirchenvorstand gemeinsam mit dem Pfarrer im Rahmen des gliedkirchlichen Rechts.
( 4 ) Jeder Gottesdienst ist öffentlich und als solcher bekannt zu machen.
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2. Formen des Gottesdienstes

( 1 ) Die christliche Gemeinde versammelt sich im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zum Gottesdienst und lädt dazu ein. Sie hört auf Gottes Wort, bekennt ihre Schuld und bekommt Vergebung zugesprochen. Sie empfängt mit Taufe und Abendmahl die Sakramente und antwortet mit Gebet, Lobgesang und Dankopfer. Mit Gottes Segen lässt sie sich in die Welt senden. Durch die Versammlung unter Gottes Wort soll das ganze Christenleben zum Gottesdienst werden.
( 2 ) Für die verschiedenen Alters- und Zielgruppen in der Gemeinde sollten geeignete Gottesdienste angeboten werden.
( 3 ) Gemeinsame Gottesdienste für Erwachsene und Kinder (Familiengottesdienste) sollen regelmäßig gefeiert werden.
( 4 ) Die Kinder der Gemeinde sollen zum Kindergottesdienst eingeladen werden.
( 5 ) Zu besonderen Anlässen werden z. B. Gebetsgottesdienste, Dankgottesdienste, Fürbittgottesdienste, Beichtgottesdienste, Segnungsgottesdienste und ökumenische Gottesdienste gefeiert.3#
( 6 ) Gottesdienste besonderer Art sind die Amtshandlungen Taufe, Trauung, Bestattung, die in dieser Ordnung eigens geregelt sind.
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3. Verkündigung

Die Verkündigung im Gottesdienst ist an die Heilige Schrift in der Perspektive des lutherischen Bekenntnisses4# gebunden. In der Predigt wird in der Regel ein Abschnitt aus der Heiligen Schrift ausgelegt. Die biblischen Lesungen sind dem Lektionar zu entnehmen, das die Perikopenordnung wiedergibt.
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4. Ordnung des Gottesdienstes

( 1 ) Der Gottesdienst wird nach der geltenden Agende und in der Regel mit dem eingeführten Gesangbuch gefeiert.
( 2 ) Die Feier des Gottesdienstes nach der Agende entbindet nicht von der Aufgabe, jeden Gottesdienst dem Anlass und dem Kreis der Teilnehmenden entsprechend zu gestalten. Unter Beachtung fester Strukturen und verbindlicher Kernstücke sollen Wege beschritten werden, die biblische Botschaft in vielfältiger Weise zum Ausdruck zu bringen.
( 3 ) Im Rahmen der jeweils geltenden Agende wird die Verantwortung für die gottesdienstliche Gestaltung im Konsens von Kirchenvorstand und Pfarrerin oder Pfarrer wahrgenommen. Die für die Kirchenmusik Verantwortlichen sind hierbei einzubeziehen.5#
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5. Leitung des Gottesdienstes

( 1 ) Der Gottesdienst und die Feier von Taufe und Abendmahl werden von dazu besonders öffentlich berufenen, in der Regel ordinierten Personen geleitet.
( 2 ) Geeignete Gemeindeglieder können nach einer entsprechenden Ausbildung mit der Leitung des Gottesdienstes im Rahmen gliedkirchlichen Rechts beauftragt werden. Die Beauftragung für die Sakramentsverwaltung erfolgt in der Regel gesondert für einen bestimmten Ort und eine begrenzte Zeit.
( 3 ) Bei der Vorbereitung und Gestaltung des Gottesdienstes sollen Kirchenmusiker und Kirchenmusikerinnen, weitere Gemeindeglieder und die kirchenmusikalisch Mitwirkenden rechtzeitig einbezogen werden.
( 4 ) Für die liturgische Kleidung sind die gliedkirchlichen Bestimmungen zu beachten.
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6. Kollekten

( 1 ) In den Gottesdiensten werden Kollekten gesammelt.
( 2 ) Für die Zweckbestimmung der Kollekten ist der landeskirchlich beschlossene Kollektenplan maßgeblich.
( 3 ) Über die Kollekten, deren Zweckbestimmung der Gemeinde durch den Kollektenplan freigestellt ist, entscheidet zuvor der Kirchenvorstand.
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7. Abkündigungen

In den Abkündigungen werden kirchliche Amtshandlungen bekannt gegeben und Gemeindeglieder der Fürbitte der Gemeinde empfohlen. Ferner wird über Bestimmungen und Ergebnisse von Kollekten, Gaben und Spenden berichtet; kirchliche Bekanntmachungen werden mitgeteilt. Es wird zu kirchlichen Veranstaltungen eingeladen und über Ereignisse in Gemeinde und Kirche berichtet. Abkündigungen sollten auch dazu genutzt werden, die ökumenische Verbindung der Gemeinde bekannt zu machen.
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8. Kirchengeläut

Die Glocken rufen die Gemeinde zum Gottesdienst und laden zum Gebet ein. Das Glockengeläut wird durch eine Läuteordnung geregelt.
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9. Kirchengebäude

Zur Verantwortung für den Gottesdienst gehört der seiner Bestimmung entsprechende Umgang mit dem gottesdienstlichen Raum. Deshalb ist die Ausstattung des Raumes in ihrer geistlichen Aussagekraft zu beachten und zu pflegen.
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10. Fotografische und filmische Aufnahmen

( 1 ) Der Gottesdienst ist eine öffentliche Veranstaltung. Die Kirche hat ein Interesse daran, dass ihr gottesdienstliches Leben in der Öffentlichkeit wirksam dargestellt wird und in der privaten Erinnerung erhalten bleibt. Dabei sind bestimmte Regeln einzuhalten, um die Würde des Gottesdienstes und der Amtshandlungen sowie die Privatsphäre der Menschen zu achten.
( 2 ) Beim Filmen und Fotografieren ist das gliedkirchliche Recht zu beachten. Dies gilt vor allem für die Feier des Abendmahls, die Taufhandlung, die Einsegnung der Konfirmandinnen und Konfirmanden, die Segnung von Brautpaaren und bei Ordinationen und Amtseinführungen.
( 3 ) Ansonsten legt der Kirchenvorstand im Blick auf die örtlichen Verhältnisse die Bedingungen fest, die beim Fotografieren und Filmen während des Gottesdienstes und bei Amtshandlungen einzuhalten sind. Er tut dies auch für Funk- und Fernsehübertragungen. Er kann das Fotografieren und Filmen im Rahmen der gliedkirchlichen Ordnung auch untersagen.
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2. Taufe:

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Regelungen6#

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1. Taufvorbereitung

( 1 ) Der Taufe geht eine Vorbereitung voraus, in der die persönlichen Beweggründe des Taufwunsches sowie die Verheißung und Verpflichtung der Taufe zur Sprache kommen. Sie richtet sich nach dem Lebensalter des Täuflings.
( 2 ) Wird für Kinder die Taufe begehrt, was in der evangelisch-lutherischen Kirche die Regel ist, führt die Pfarrerin oder der Pfarrer mit den Eltern oder Sorgeberechtigten und – wo möglich – mit den Patinnen und Paten ein Gespräch über die Bedeutung der Taufe. Heranwachsende Kinder sind ihrem Lebensalter entsprechend in die Taufvorbereitung einzubeziehen.
( 3 ) Für ungetaufte Jugendliche führt der Konfirmandenunterricht zur Taufe. Sie kann während der Unterrichtszeit oder im Konfirmationsgottesdienst erfolgen.
( 4 ) Der Taufe älterer Jugendlicher und Erwachsener gehen Gespräche über den christlichen Glauben voraus.
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2. Gültigkeit und Anerkennung der Taufe

( 1 ) Wenn die evangelische Kirche tauft, folgt sie dem Auftrag Jesu Christi und verbindet sich mit der Kirche Jesu Christi in aller Welt.
( 2 ) Die evangelisch-lutherische Kirche erkennt alle Taufen an, die nach dem Auftrag Jesu Christi mit Wasser im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes vollzogen worden sind.
( 3 ) Eine auf diese Weise vollzogene Taufe darf nicht wiederholt werden. Sie bleibt in jedem Fall gültig, auch wenn jemand bei Wiederaufnahme in die Kirche oder beim Übertritt in eine andere christliche Kirche eine Taufwiederholung wünscht.
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3. Taufgottesdienst

( 1 ) Die Taufe wird nach der geltenden Agende im Gottesdienst oder in einem besonderen Taufgottesdienst – in der Regel in der Kirche – vollzogen. Sie ist ein Fest der Gemeinde, dessen Gestaltung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Täufling, Eltern, Geschwister und Paten sollten nach Möglichkeit in die Vorbereitung und Durchführung des Gottesdienstes einbezogen werden.
( 2 ) Haustaufen finden nur in begründeten Ausnahmefällen statt. Darüber entscheiden nach Möglichkeit Kirchenvorstand und Pfarrerin oder Pfarrer gemeinsam.
( 3 ) Taufen in Notfällen können alle Kirchenmitglieder vollziehen, z. B. in Krankenhäusern das Krankenhauspersonal, wenn der Klinikpfarrer oder die -pfarrerin nicht erreichbar ist. Solche Taufen sollen – wenn möglich – in Gegenwart christlicher Zeugen geschehen. Sie sind umgehend dem zuständigen Pfarramt zu melden.
( 4 ) Alle vollzogenen Taufen werden im Sonntagsgottesdienst bekannt gegeben. Die Gemeinde betet für den Täufling, seine Eltern, Patinnen und Paten. Für eine Taufe in Notfällen kann auch eine Danksagung7# gehalten werden.
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4. Verantwortung der Eltern bzw. Sorgeberechtigten und der Gemeinde bei der Taufe von Kindern

( 1 ) Die Eltern bzw. Sorgeberechtigten bekennen bei der Taufhandlung gemeinsam mit den Patinnen und Paten den christlichen Glauben und verpflichten sich, für die Erziehung des Kindes in diesem Glauben zu sorgen.
( 2 ) Die Eltern bzw. Sorgeberechtigten sind dafür verantwortlich, dass das Kind sich der Bedeutung der Taufe bewusst wird. Sie beten für das Kind und mit ihm, führen es an die biblische Botschaft heran und helfen ihm, einen altersgemäßen Zugang zur Gemeinde zu finden.
( 3 ) Gehört ein Elternteil bzw. Sorgeberechtigter nicht der evangelischen oder einer anderen Kirche an, so ist seine Zustimmung zur Taufe und seine Bereitschaft erforderlich, eine christliche Erziehung des Täuflings nicht zu behindern.
( 4 ) Die Taufe eines religionsunmündigen – noch nicht 14-jährigen – Kindes, dessen Eltern oder Sorgeberechtigte nicht der evangelischen Kirche angehören, darf nur vollzogen werden, wenn die Eltern damit einverstanden sind und Patinnen, Paten oder andere Gemeindeglieder bereit sind, die Mitverantwortung für die evangelische Erziehung des Kindes zu übernehmen.
( 5 ) Religionsmündige Kinder entscheiden selbst über ihre Taufe.
( 6 ) Mit der Taufe von Säuglingen und Kindern übernimmt die Gemeinde eine besondere Verantwortung für die Getauften. Dazu ist eine kontinuierliche Begleitung notwendig. Sie geschieht z. B. durch besondere Angebote der Gemeinde für die Getauften und deren Eltern.
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5. Patenamt

( 1 ) Patinnen und Paten sind Zeuginnen und Zeugen des Taufvollzugs und versprechen, bis zur Konfirmation gemeinsam mit den Eltern und im Auftrag der Gemeinde für die Erziehung des Kindes im christlichen Glauben zu sorgen.
( 2 ) Kinder sollen mindestens einen Paten oder eine Patin haben. Ist dies ausnahmsweise nicht erfüllt, können Kinder auch dann getauft werden, wenn mindestens ein Elternteil bzw. eine Sorgeberechtigte oder ein Sorgeberechtigter Mitglied der evangelischen Kirche ist. Wenn keine Patin oder kein Pate vorhanden ist, kann der Kirchenvorstand eine Patin oder einen Paten aus der Gemeinde bestellen.
( 3 ) Bei der Verhinderung von Patinnen oder Paten sind Stellvertreter oder Stellvertreterinnen als Taufzeugen zu bestellen und im Kirchenbuch zu vermerken.
( 4 ) Patin oder Pate kann sein, wer der evangelischen Kirche angehört und zum Abendmahl zugelassen ist. Das ist ggf. durch einen Patenschein (Bescheinigung des zuständigen Pfarramtes über die Berechtigung zum Patenamt) zu dokumentieren.8#
( 5 ) Auch Glieder einer Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen können nach Maßgabe des kirchlichen Rechts zum Patenamt zugelassen werden, sofern diese in Lehre und Praxis dem evangelischen Verständnis der Taufe nicht widersprechen.
( 6 ) In das Patenamt eines anderen kann niemand eintreten. Ein übernommenes Patenamt kann nicht aberkannt werden.
( 7 ) Das Patenamt ruht, wenn die Patin oder der Pate die Zulassung zum Abendmahl verliert, insbesondere durch Austritt aus der Kirche. Paten können auf eigenen Wunsch aus vertretbaren Gründen von ihrem Amt entbunden werden. Dieses ist durch einen Nachtrag im Kirchenbuch zu vermerken. Wenn kein Pate mehr vorhanden ist, sorgen Eltern und Pfarramt dafür, dass die Aufgaben des Patenamtes dennoch wahrgenommen werden können. Dazu ist die Nachbestellung einer geeigneten Person möglich. Sie ist in das Kirchenbuch einzutragen.9#
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6. Verantwortung der Gemeinde für nicht getaufte Kinder

( 1 ) Wenn Eltern ihre Kinder nicht in den ersten Lebensjahren taufen lassen, sondern darauf hinwirken wollen, dass die Kinder sich später selbst für die Taufe entscheiden, ist die Gemeinde auch für diese Kinder verantwortlich. Sie lädt sie zu Gottesdienst und kirchlichem Unterricht ein und hilft den Eltern, die Kinder auf ihre Taufe vorzubereiten.
( 2 ) Darüber hinaus ist es Aufgabe aller Gemeindeglieder, die Eltern oder Sorgeberechtigten nicht getaufter Kinder bzw. diese selbst auf die Taufe hinzuweisen und zur Taufe einzuladen.
( 3 ) Wo die Ordnung der Gliedkirche es zulässt, kann die Gemeinde auf Wunsch der Eltern Dank und Fürbitte für noch nicht getaufte Kinder im Gottesdienst aussprechen. Dies muss nach Form und Inhalt eindeutig von der Taufe unterschieden sein.
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7. Als Getaufte leben

Die Gemeinschaft der Gläubigen zeigt sich darin, dass Christinnen und Christen Menschen einladen, Gottes Zusage anzunehmen, einander an ihre Taufe erinnern, sich gegenseitig helfen, das Gnadenhandeln Gottes zu verstehen, sich gegenseitig trösten und Möglichkeiten der Beteiligung am Gemeindeleben eröffnen.
Für getaufte Kinder kann das in Form eines Taufgedächtnisgottesdienstes Gestalt annehmen.
Auch Erwachsene benötigen Formen, um sich ihrer Taufe zu vergewissern. Mit der Taufe ist jede Christin und jeder Christ berufen, in Fragen des Glaubens sprach- und urteilsfähig zu werden. Die Kirche und die Gemeinde müssen die äußeren Bedingungen dafür schaffen, dass Menschen dieser Berufung folgen können.
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8. Taufaufschub bzw. Ablehnung einer Taufe

( 1 ) Die Taufe von Kindern ist aufzuschieben, solange die Eltern oder Sorgeberechtigten die Taufvorbereitung, insbesondere das Taufgespräch verweigern. Die Taufe ist auch aufzuschieben, wenn ein Kind bei der Taufvorbereitung Widerspruch gegen den Vollzug der Taufe erkennen lässt. Sie ist abzulehnen, wenn ein Elternteil oder eine Sorgeberechtigte oder ein Sorgeberechtigter der Taufe widerspricht oder wenn die evangelische Erziehung des Kindes abgelehnt wird.
( 2 ) Die Taufe von Erwachsenen ist aufzuschieben, solange sie nicht an einer Taufvorbereitung teilgenommen haben; sie ist abzulehnen, wenn sich ergibt, dass der Taufwunsch nicht ernsthaft ist.
( 3 ) Das Bemühen der in Kirche und Gemeinde Verantwortlichen muss dahin gehen, die Gründe für eine Ablehnung der Taufe oder einen Taufaufschub zu beheben, sofern sie nicht im Willen der zu Taufenden selbst begründet sind.
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9. Bedenken gegen eine Taufe, Ablehnung und Beschwerde

( 1 ) Die Entscheidung, ob eine Taufe gewährt oder versagt werden soll, trifft die Pfarrerin oder der Pfarrer in seelsorgerlicher Verantwortung. Sie oder er berät sich dabei unter Wahrung der seelsorgerlichen Schweigepflicht mit dem Kirchenvorstand. Gegen die Entscheidung der Pfarrerin oder des Pfarrers, die Taufe nicht zu vollziehen, können die Eltern bzw. Sorgeberechtigten oder der religionsmündige Täufling nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechts Beschwerde bei der Superintendentin oder dem Superintendenten einlegen. Die Superintendentin oder der Superintendent prüft, ob die Taufe aus nach dieser Ordnung zulässigen Gründen abgelehnt wurde.
( 2 ) Kommt die Superintendentin oder der Superintendent zu der Überzeugung, dass die Taufe dennoch vollzogen werden kann, so schafft sie oder er die Voraussetzung, dass die Taufe stattfinden kann.
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10. Zuständigkeit und Beurkundung

( 1 ) Die Taufe vollzieht in der Regel die Pfarrerin oder der Pfarrer der Kirchengemeinde, in der der Täufling seinen Hauptwohnsitz hat.
( 2 ) Soll die Taufe von einer anderen Pfarrerin oder einem anderen Pfarrer vollzogen werden, ist entsprechend gliedkirchlichem Recht ein Abmeldeschein (Dimissoriale) des zuständigen Pfarramts erforderlich. Dessen Erteilung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die in Ziffer 8 genannt sind.
( 3 ) Die Taufe wird in das Kirchenbuch der Kirchengemeinde eingetragen, in deren Bereich sie vollzogen wurde. Die zuständige Kirchengemeinde ist zu benachrichtigen. Über die vollzogene Taufe wird eine Taufurkunde ausgestellt; sie kann im Stammbuch beurkundet werden.
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11. Rechtsfolgen der Taufe

( 1 ) Die Taufe begründet gleichzeitig die Mitgliedschaft in einer Kirchengemeinde und Landeskirche mit den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten, wie die Übernahme kirchlicher Ämter und die Kirchensteuerpflicht (vgl. Kapitel Kirchenmitgliedschaft).
( 2 ) Mit der Taufe von Erwachsenen ist die Zulassung zum Abendmahl unmittelbar verbunden.
( 3 ) Eine Taufe, die gemäß dem Taufbefehl im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes mit Wasser vollzogen wurde, darf nicht wiederholt werden.
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3. Abendmahl:

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Regelungen10#

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1. Abendmahlsfeier

( 1 ) Das Abendmahl wird nach der geltenden Agende gefeiert.
( 2 ) Für den Wortlaut der Einsetzungsworte gilt die agendarische Form.
( 3 ) Die Elemente des Abendmahls sind Brot und Wein.
( 4 ) Die Verantwortung für die einsetzungsgemäße Feier des Abendmahls liegt bei den für diesen Dienst Ordinierten oder Beauftragten. Sie sprechen die Einsetzungsworte über den Abendmahlselementen und leiten die Austeilung.
( 5 ) Bei der Austeilung des Abendmahls können nach entsprechender Vorbereitung Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher und andere Gemeindemitglieder mitwirken.
( 6 ) Belange der Hygiene sind bei der Austeilung zu beachten.
( 7 ) Mit den übrig gebliebenen Elementen ist auch nach der Abendmahlsfeier sorgsam umzugehen.
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2. Sonderformen der Austeilung und des Empfangs11#

( 1 ) Statt Wein kann aus seelsorgerlichen Gründen Traubensaft gereicht werden. Dabei können Wein und Traubensaft in verschiedenen Gruppen ausgeteilt werden.
( 2 ) Zur Austeilung kann auch ein Gießkelch mit Einzelkelchen benutzt werden; der Gemeinschaftscharakter des Abendmahls ist dabei zu wahren.
( 3 ) Auch das Eintauchen des Brotes in den Kelch (intinctio) ist eine mögliche Form der Teilhabe am Abendmahl.
( 4 ) Im Ausnahmefall ist der Empfang des Abendmahls in nur einer Gestalt (Brot oder Wein) gültig.
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3. Zulassung zum Abendmahl12#

( 1 ) Zum Abendmahl eingeladen sind alle getauften Glieder der evangelischen Kirche und anderer Kirchen, mit denen Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft besteht. Dies sind die im LWB zusammengeschlossenen und die in der Leuenberger Kirchengemeinschaft verbundenen reformatorischen Kirchen. Mit anderen Kirchen, z. B. der Altkatholischen Kirche, den Anglikanischen Kirchen und den Arbeitsgemeinschaften mennonitischer Gemeinden ist eucharistische Gastbereitschaft vereinbart. Im Rahmen solcher Gastbereitschaft sind auch Glieder christlicher Kirchen eingeladen, mit denen noch keine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft besteht, selbst wenn die Gastbereitschaft offiziell nicht erwidert wird.
( 2 ) Zum Abendmahl zugelassen sind Kirchenglieder, die konfirmiert oder im Erwachsenenalter getauft wurden.
( 3 ) Erwachsene Gemeindeglieder, die nicht konfirmiert sind, können durch die Pfarrerin oder den Pfarrer im Benehmen mit dem Kirchenvorstand nach gliedkirchlichem Recht zum Abendmahl zugelassen werden, wenn sie genügend vorbereitet und unterwiesen wurden.
( 4 ) Während des Konfirmandenunterrichts und der Konfirmandenarbeit kann das Abendmahl auch schon vor der Konfirmation gefeiert werden (vgl. Abschnitt Konfirmation).
( 5 ) Getaufte Kinder können nach gliedkirchlichem Recht in Begleitung ihrer Eltern oder anderer christlicher Bezugspersonen am Abendmahl teilnehmen, wenn sie entsprechend darauf vorbereitet worden und imstande sind, in der ihnen gemäßen Weise die Gabe des Abendmahls zu erfassen. Anderen Kindern kann mit einem Segenswort die Hand aufgelegt werden, wenn sie mit zum Altar treten. Dasselbe gilt auch für ungetaufte Kinder und Erwachsene.13#
( 6 ) Durch Ausschluss vom Abendmahl oder Kirchenaustritt ist die Zulassung zum Abendmahl verloren. Sie wird bei Wiederaufnahme in die Kirche erneut zugesprochen.
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4. Abendmahl für Kranke und Sterbende

Kranken und Sterbenden soll das Abendmahl gereicht werden, wann immer sie dies wünschen. Angehörige, Pflegende und Gemeindemitglieder sollen nach Möglichkeit einbezogen werden. Gestaltungshilfe bietet die Agende für den Dienst an Kranken.
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5. Abendmahl und Agapemahl

Das Agapemahl ist deutlich vom Abendmahl zu unterscheiden und kann nicht als Ersatz für das Abendmahl in Gruppen mit Nichtgetauften dienen.
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B. Das Leben in der Gemeinde

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1. Lernen, Lehren, Konfirmieren:

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Regelungen14#

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1. Gemeindliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

( 1 ) Die Hinführung zum Glauben beginnt im Kindesalter. Es ist die Aufgabe vor allem der Eltern bzw. Sorgeberechtigten, Patinnen und Paten, biblische Geschichten zu erzählen, für die Kinder und mit ihnen zu beten und Gottesdienste zu besuchen. Die Eltern bzw. Sorgeberechtigten sollen dabei von der Gemeinde unterstützt werden.
( 2 ) Die gemeindliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen soll Getaufte und Ungetaufte in einer ihnen gemäßen Art mit den zentralen Aussagen des christlichen Glaubens und dem Leben der Gemeinde vertraut machen.
( 3 ) Dies geschieht durch berufliche und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
( 4 ) Kinder und Jugendliche sollen in vielfältigen Formen begleitet werden, z. B. durch Kindergottesdienste, Kindertagesstätten, Vorschulgruppen, Christenlehre, Kinderchöre und Instrumentalgruppen, Jungschar, Kindertage, Kinderbibelwochen und Freizeiten.
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2. Religionsunterricht in der Schule

( 1 ) Die Kirche nimmt nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben Mitverantwortung für den Religionsunterricht wahr.
( 2 ) Der Religionsunterricht soll Kindern und Jugendlichen ermöglichen, die Grundlagen christlichen Glaubens zu verstehen, Antworten auf Lebensfragen zu finden und Orientierung für gesellschaftliches Handeln zu gewinnen.
( 3 ) Die Gemeinde begleitet die den Religionsunterricht erteilenden Lehrerinnen und Lehrer, z. B. durch religionspädagogische Arbeitsgemeinschaften.
( 4 ) Die Gemeinde hält Kontakt zu den Schulen in ihrem Bereich.
( 5 ) Pfarrerinnen und Pfarrer, sowie kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erteilen nach gliedkirchlichem Recht Religionsunterricht in den Schulen.
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3. Gemeindliche Arbeit mit Konfirmanden15#

Die Konfirmandenarbeit soll durch Unterricht und andere Arbeitsformen die Konfirmandinnen und Konfirmanden in einer ihnen gemäßen Art mit den zentralen Aussagen des christlichen Glaubens und dem Leben in der Gemeinde vertraut machen und ihnen helfen, in eigener Verantwortung als Christinnen und Christen zu leben.
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4. Einladung und Anmeldung

( 1 ) Die Einladung, an der Konfirmandenzeit teilzunehmen, richtet sich an alle getauften und ungetauften Jugendlichen in der Regel ab dem 13. Lebensjahr; für eine zweiphasige Konfirmandenzeit können bereits die 9- bis 10-Jährigen eingeladen werden.
( 2 ) Die in der Kirchengemeinde gemeinsam mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer für die Konfirmandenarbeit Verantwortlichen informieren die künftigen Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie deren Eltern bzw. Sorgeberechtigte über Ziele und Inhalte und verständigen sich mit ihnen über die Bedingungen der Teilnahme.
( 3 ) Die Kinder und Jugendlichen sind durch ihre Eltern bzw. Sorgeberechtigten beim zuständigen Pfarramt anzumelden. Religionsmündige (nach Vollendung des 14. Lebensjahres) können sich mit Zustimmung der Eltern selbst anmelden.
( 4 ) Es ist erwünscht, dass die Jugendlichen vorher an der Christenlehre und/oder dem evangelischen Religionsunterricht teilgenommen haben.
( 5 ) Die Eltern bzw. Sorgeberechtigten sind über den Fortgang der Konfirmandenarbeit sowie über Projekte und Fahrten z. B. durch Elternabende zu unterrichten. Sie sollen ihre Kinder in der Konfirmandenzeit durch Gespräche und gemeinsame Gottesdienstbesuche begleiten.
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5. Rahmenbedingungen und Inhalte

( 1 ) Für die Organisation und die äußeren Rahmenbedingungen der Konfirmandenzeit haben Pfarrerin oder Pfarrer und der Kirchenvorstand nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechts gemeinsam Sorge zu tragen. Der Unterricht soll dem Alter und den unterschiedlichen Lebens- und Lernbedingungen der Jugendlichen entsprechend gestaltet werden.
( 2 ) Für die in der Konfirmandenzeit zu behandelnden Inhalte sind die gliedkirchlichen Bestimmungen zu beachten. Unbeschadet dessen müssen die Konfirmandinnen und Konfirmanden während der Konfirmandenzeit mit den Zehn Geboten, dem Glaubensbekenntnis, dem Vaterunser, der Taufe und dem Abendmahl sowie mit der Beichte soweit vertraut gemacht werden, dass sie deren Bedeutung für ihr Leben erkennen und eine verantwortete Entscheidung für ihre Konfirmation treffen können.
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6. Teilnahme an Gottesdienst und Abendmahl

( 1 ) Die Konfirmandinnen und Konfirmanden sollen regelmäßig an Gottesdiensten teilnehmen. Hier sind ihre Anliegen und Fragen aufzunehmen. Sie sind nach Möglichkeit an der Gestaltung von Gottesdiensten zu beteiligen. Auch ihre Eltern sollen zum Gottesdienst eingeladen werden.
( 2 ) Die Voraussetzungen für die Teilnahme am Abendmahl sind die Taufe und die Unterweisung über Sinn und Bedeutung des Abendmahls.
( 3 ) Die Abendmahlsunterweisung muss auch dann ein Teil der Konfirmandenarbeit sein, wenn in der Gemeinde Kinder zum Abendmahl entsprechend den gliedkirchlichen Regelungen zugelassen sind.
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7. Zuständigkeit und Mitarbeit

( 1 ) Für Inhalte und Ziele der Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden sind gemäß gliedkirchlichem Recht die Pfarrerin oder der Pfarrer und der Kirchenvorstand der Kirchengemeinde zuständig. Andere Haupt- und Ehrenamtliche, z. B. auch Jugendliche und Eltern, sollen verantwortlich mitarbeiten.
( 2 ) Die Arbeit mit Konfirmanden kann für mehrere Pfarrbezirke oder Gemeinden gemeinsam geplant und durchgeführt werden.
( 3 ) Wollen Jugendliche an der Konfirmandenzeit einer anderen Gemeinde teilnehmen, kann ein Abmeldeschein (Dimissoriale) des zuständigen Pfarramtes erforderlich sein. Dieser Abmeldeschein darf nur aus solchen Gründen verweigert werden, aus denen auch eine Konfirmation verweigert würde.
( 4 ) Haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchengemeinde gestalten die Konfirmandenarbeit gemeinsam. Dabei sollen sie die Konfirmandinnen und Konfirmanden als besondere Gruppe der Kirchengemeinde mit dem, was sie an Einstellungen, Erfahrungen und Anfragen mitbringen, ernst nehmen.
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8. Vorstellung der Konfirmandinnen und Konfirmanden

( 1 ) Zu Beginn der Konfirmandenzeit findet gemäß der Konfirmationsagende ein besonderer Gottesdienst statt.
( 2 ) Die Konfirmandinnen und Konfirmanden gestalten nach ihren Möglichkeiten gegen Ende der Unterrichtszeit einen Gottesdienst. Die Gemeinde soll etwas davon erfahren, wie die Konfirmandinnen und Konfirmanden Inhalte des christlichen Glaubens für sich erschlossen haben, und soll dabei selbst an diese erinnert werden. Nach gliedkirchlichem Recht kann dieser Gottesdienst mit einer Prüfung verbunden sein.
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9. Konfirmationsgottesdienst

( 1 ) Der Konfirmationsgottesdienst ist ein Gottesdienst der Gemeinde. Er wird nach der geltenden Agende gehalten.
( 2 ) Zur Konfirmation gehört die Einladung zur Feier des Abendmahls im Konfirmationsgottesdienst selbst oder in unmittelbarer zeitlicher Nähe, z. B. in Verbindung mit einem Beichtgottesdienst.
( 3 ) Der Kirchenvorstand entscheidet über den Zeitpunkt des Konfirmationsgottesdienstes im Kirchenjahr nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechtes.
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10. Voraussetzungen für die Konfirmation, Zurückstellung und Ablehnung

( 1 ) Die Konfirmation setzt die Taufe voraus. Sind Jugendliche noch nicht getauft, so können sie im Konfirmationsgottesdienst getauft werden. Der Taufsegen wird dann in den Konfirmationssegen einbezogen.
( 2 ) Die Konfirmandinnen und Konfirmanden müssen regelmäßig am Unterricht und den für die Konfirmandenzeit verbindlichen Veranstaltungen in der Gemeinde teilgenommen, sich angemessen am Gemeindeleben beteiligt und sich mit den Grundlagen und Lebensvollzügen des christlichen Glaubens vertraut gemacht haben.
( 3 ) Hat die Pfarrerin oder der Pfarrer im Einzelfall Bedenken, die Konfirmation zu vollziehen, so hat ein Gespräch mit der Konfirmandin oder dem Konfirmanden und ggf. mit den Eltern bzw. Sorgeberechtigten stattzufinden. Kommt die Pfarrerin oder der Pfarrer zu der Überzeugung, dass die Konfirmation zurückgestellt oder abgelehnt werden muss, so berät sie oder er sich mit dem Kirchenvorstand und entscheidet über die Zulassung zur Konfirmation. Gegen diese Entscheidung können die Eltern bzw. Sorgeberechtigten oder im Fall der Religionsmündigkeit die oder der Betroffene selbst Beschwerde bei der Superintendentin oder dem Superintendenten einlegen. Deren Entscheidung über die Beschwerde ist endgültig.
( 4 ) Kommt die Superintendentin oder der Superintendent zu der Überzeugung, dass die Konfirmation vollzogen werden kann, so schafft sie oder er die Möglichkeit dafür.
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11. Folgen der Konfirmation

Die Konfirmation berechtigt zur Teilnahme am Abendmahl in eigener Verantwortung und zur Übernahme des Patenamtes. Sie ist – je nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechtes – eine der Voraussetzungen für das kirchliche Wahlrecht und die Übernahme weiterer kirchlicher Ämter.
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12. Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Die Konfirmation wird nach der Kirchenbuchordnung beurkundet. Es wird eine Konfirmationsurkunde ausgestellt.
( 2 ) Konfirmandinnen und Konfirmanden, die sich nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt konfirmieren lassen wollen, erhalten über die Teilnahme an der Konfirmandenarbeit eine Bescheinigung.
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13. Konfirmation und Jugendarbeit

( 1 ) Die Gemeinde soll entsprechend ihrer Verantwortung für die Konfirmierten Jugendarbeit anbieten. Das kann in Verbindung mit anderen Gemeinden oder auf Kirchenkreisebene geschehen.
( 2 ) Die Jugendlichen sollen Gelegenheit zur verantwortlichen Mitarbeit in der Gemeinde erhalten.
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14. Konfirmation Erwachsener

( 1 ) Erwachsene Gemeindeglieder, die getauft, aber bisher nicht konfirmiert sind, können nach entsprechender Vorbereitung und nach Information des Kirchenvorstandes konfirmiert werden.
( 2 ) Werden Erwachsene getauft, so erübrigt sich die Konfirmation, weil hier Taufakt und Glaubensbekenntnis zusammenfallen.
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15. Konfirmation, Jugendweihe, Jugendfeier

( 1 ) Wo neben der Konfirmation die Jugendweihe angeboten wird, sind Eltern und Jugendliche bei der Anmeldung zur Konfirmation darauf hinzuweisen, dass Konfirmation und Jugendweihe in einem inhaltlichen Widerspruch zueinander stehen.
( 2 ) Gibt eine Konfirmandin oder ein Konfirmand zu erkennen, dass sie oder er an der Jugendweihe teilnehmen will, wirkt die Pfarrerin oder der Pfarrer darauf hin, dass eine alleinige Entscheidung für die Konfirmation stattfindet.
( 3 ) Hat sich eine Konfirmandin oder ein Konfirmand neben der Konfirmation auch für die Teilnahme an der Jugendweihe entschieden, müssen Bedenken gegen den Vollzug der Konfirmation geltend gemacht werden.
( 4 ) Nimmt eine Konfirmandin oder ein Konfirmand an einem Schuljahrgangsfest oder einer Jugendfeier teil, bestehen Bedenken gegen den Vollzug der Konfirmation nur dann, wenn ein Widerspruch zum christlichen Bekenntnis gegeben ist.
( 5 ) Bei Bedenken gegen den Vollzug der Konfirmation gelten die Bestimmungen von Abschnitt 10 Absätze (2) und (3). Der Entscheidung muss in jedem Einzelfall eine Prüfung unter seelsorgerlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der persönlichen Gründe vorangehen.
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2. Ehe, Familie, Partnerschaft:

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Regelungen16#

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1. Eheschließung und kirchliche Trauung

Nach evangelischem Verständnis gehört zur Eheschließung die kirchliche Trauung, bei der Gottes Wort über die Lebensgemeinschaft von Frau und Mann verkündigt wird. Das Brautpaar verspricht sich vor Gott und der Gemeinde lebenslange gegenseitige Liebe, Achtung, Fürsorge und Treue. Die Gemeinde erbittet für die Eheleute Gottes Beistand und Segen.
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2. Voraussetzungen für die kirchliche Trauung

( 1 ) Beide Ehepartner wünschen eine kirchliche Trauung.
( 2 ) Mindestens einer der Ehepartner gehört der evangelischen Kirche an (siehe auch Abschnitt 7).17#
( 3 ) Die standesamtliche Eheschließung des Paares nach staatlichem Recht ist nachweislich rechtsgültig vollzogen.
( 4 ) Es bestehen keine gravierenden seelsorgerlichen Bedenken gegen das Zustandekommen der Ehe und den Umgang der Ehepartner miteinander. Diese können z. B. darin begründet sein, dass das Paar Vereinbarungen getroffen hat, die dem christlichen Eheverständnis widersprechen.
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3. Zuständigkeit

( 1 ) Für die Trauung ist die Pfarrerin oder der Pfarrer der Kirchengemeinde zuständig, zu der die Ehefrau oder der Ehemann gehört oder nach der Eheschließung gehören wird.
( 2 ) Soll die Trauung in der Heimatgemeinde durch eine Gastpfarrerin oder einen Gastpfarrer gehalten werden, ist die Zustimmung der Ortspfarrerin oder des Ortspfarrers erforderlich.
( 3 ) Soll die Trauung in einer anderen Gemeinde stattfinden und von einer oder einem der zuständigen Pfarrerinnen/Pfarrer gehalten werden, ist die Zustimmung des Pfarrers oder der Pfarrerin am Trauungsort erforderlich.
( 4 ) Soll die Trauung in einer anderen Gemeinde von der dortigen Pfarrerin oder dem dortigen Pfarrer gehalten werden, ist ein Abmeldeschein (Dimissoriale) der Heimatgemeinde erforderlich.
( 5 ) Soll die Trauung in einer anderen Gemeinde durch eine Gastpfarrerin oder einen Gastpfarrer durchgeführt werden, ist ebenfalls ein Abmeldeschein (Dimissoriale) erforderlich sowie die Zustimmung der Pfarrerin oder des Pfarrers am Trauungsort.
Auch in diesen Fällen müssen die in Abschnitt 2 genannten Bedingungen erfüllt sein.
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4. Trauung

( 1 ) Die Pfarrerin oder der Pfarrer führt mit dem Brautpaar vor der Trauung ein seelsorgerliches Gespräch, das auf die Situation des Paares eingeht, die wesentlichen Merkmale des christlichen Eheverständnisses sowie Inhalt und Ablauf der Trauung zur Sprache bringt.
( 2 ) Eine Trauung wird nach der geltenden Agende gehalten.
( 3 ) Bei der Gestaltung können neben dem Brautpaar selbst dessen Angehörige und andere gemäß Verabredung mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer (z. B. durch Lesung, Fürbitten, Segenswünsche oder kirchenmusikalische Beiträge) mitwirken.
( 4 ) Die Trauung wird grundsätzlich in einem Kirchengebäude bzw. Gottesdienstraum gefeiert. Für Ausnahmen ist nach gliedkirchlichem Recht die nötige Abstimmung herbeizuführen.
( 5 ) In der Karwoche soll keine Trauung stattfinden.
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5. Kirchliche Trauung Geschiedener

( 1 ) Eine kirchliche Trauung Geschiedener ist in der evangelischen Kirche unter den in Ziffer 2 genannten Voraussetzungen und nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechtes möglich.
( 2 ) Im Traugespräch ist u. a. seelsorgerlich darauf zu achten, ob die bzw. der Geschiedene mit dem Scheitern der ersten Ehe verantwortlich umgeht, welche Konsequenzen sie bzw. er daraus für das Eheverständnis zieht, und wie sich die künftige Ehepartnerin bzw. der künftige Ehepartner zu der Scheidung und ihren Folgen stellt, insbesondere wenn aus einer früheren Ehe Kinder vorhanden sind.
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6. Kirchliche Trauung mit einer röm.-kath. Ehepartnerin oder einem röm.-kath. Ehepartner18#

Gehört einer der Eheleute der röm.-kath. Kirche an, kann die Trauung entweder nach dem evangelischen oder nach dem katholischen Formular unter Beteiligung der/des zur Trauung Berechtigten der Schwesterkirche erfolgen. Die von beiden Kirchen dazu erstellten Gottesdienstordnungen sind zu verwenden. Über die Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehepaaren und Familien sollen in den Kirchengemeinden Absprachen mit der röm.-kath. Gemeinde getroffen und bekannt gemacht werden.
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7. Kriterien für den Umgang mit Nichtkirchenmitgliedern19#

Eine kirchliche Handlung anlässlich einer Eheschließung ist grundsätzlich auch möglich, wenn eine Ehepartnerin bzw. Ehepartner keiner oder einer nicht christlichen Religionsgemeinschaft angehört. In diesem Fall ist im Gespräch zu klären, ob
dies dem ausdrücklichen Wunsch der evangelischen Ehepartnerin bzw. des evangelischen Ehepartners entspricht,
die andere Ehepartnerin bzw. der andere Ehepartner dem zustimmt und sich bereit erklärt, die wesentlichen Merkmale des christlichen Eheverständnisses zu achten,
sich die Eheleute bereits auf eine christliche Erziehung der Kinder geeinigt haben,
die evangelische Ehepartnerin bzw. der evangelische Ehepartner die Möglichkeit haben, ihren Glauben und ihre kirchliche Bindung in der Ehe zu leben.
nur eine solche religiöse oder weltanschauliche Eheschließungszeremonie daneben stattfindet, die im Heimatland der Nichtchristin bzw. des Nichtchristen zur rechtlichen Gültigkeit der Ehe notwendig ist.
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8. Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung und kirchliche Trauung20#

Je nach dem Grund der fehlenden Kirchenmitgliedschaft sind unterschiedliche liturgische Gestaltungsformen anzuwenden und rechtliche Gesichtspunkte zu beachten:
Die Trauung einer evangelischen Christin bzw. eines evangelischen Christen mit einer Ehepartnerin oder einem Ehepartner, die oder der getauft ist, aber keiner christlichen Kirche mehr angehört, ist in Ausnahmefällen möglich, die von der Pfarrerin oder dem Pfarrer, die oder der die Trauung durchführen soll, seelsorgerlich zu begründen sind. Dazu haben die einzelnen Gliedkirchen Regelungen getroffen.
Gehört einer der Ehepartner einer nicht christlichen Religionsgemeinschaft an, so ist bei der liturgischen Gestaltung des Gottesdienstes darauf Rücksicht zu nehmen. Der Vorschlag in der Trauagende „Gottesdienst anlässlich der Eheschließung“ gibt Anregungen für die liturgische Gestaltung. Von der nicht christlichen Partnerin oder dem Partner sollen keine Aussagen verlangt werden, die im Zusammenhang der kirchlichen Feier eindeutig christliche Glaubensvoraussetzungen haben.
Gehört einer der Ehepartner keiner Religionsgemeinschaft an oder ist er bzw. sie nicht getauft, ist in seelsorgerlicher Verantwortung entsprechend zu verfahren.
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9. Zurückstellung oder Ablehnung einer Trauung

( 1 ) Sind die Voraussetzungen für eine Trauung nicht gegeben, kann sie aufgeschoben oder abgelehnt werden. Die Pfarrerin oder der Pfarrer informiert darüber – unter Wahrung des Seelsorgegeheimnisses – den Kirchenvorstand.
( 2 ) Den Brautleuten ist mitzuteilen, dass sie gegen die Zurückstellung oder Ablehnung ihrer Trauung bei der Superintendentin bzw. beim Superintendenten nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechtes Einspruch erheben können. Deren Entscheidung über die Beschwerde ist endgültig.
( 3 ) Kommt die Superintendentin oder der Superintendent zu der Überzeugung, dass die Trauung vollzogen werden kann, so schafft sie oder er die Möglichkeit dafür.
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10. Abkündigung und Fürbitte

( 1 ) Trauungen und Gottesdienste zur Eheschließung werden der Gemeinde im Sonntagsgottesdienst bekannt gegeben. Die Gemeinde schließt die Ehepaare in ihre Fürbitte ein.
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11. Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Die Trauung wird im Kirchenbuch der Gemeinde, in der sie stattgefunden hat, beurkundet. Eine Trauurkunde wird ausgestellt. Gegebenenfalls erfolgt eine Eintragung ins Stammbuch. Die Wohnsitzgemeinde wird benachrichtigt, wenn die Trauung in einer anderen Gemeinde stattgefunden hat.
( 2 ) Gottesdienste anlässlich einer Eheschließung werden in einer gesonderten Rubrik im Kirchenbuch eingetragen.
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12. Ehejubiläen

Ehejubiläen wie silberne oder goldene Hochzeit sind für christliche Ehepaare nicht nur Familienfeste, sondern zugleich Anlass, Gott für ihre Ehe zu danken, ihn um Vergebung für das zu bitten, was einer dem anderen schuldig geblieben ist, und sich Segen für die Zukunft zusprechen zu lassen. Dem soll durch seelsorgerliche und gottesdienstliche Angebote entsprochen werden.
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13. Ehe und Familie fördern

( 1 ) Gemeinden können das Zusammenleben in Ehe und Familie fördern, indem sie Ehepaar- oder Elternkreise, Familiengottesdienste oder entlastende Angebote, wie z. B. Kinderbetreuung, Erziehungsberatung anbieten. Dies gilt in besonderer Weise für Einelternfamilien (Alleinerziehende).
( 2 ) Paare und Familien sollen insbesondere in Krisenzeiten Angebote einer Begleitung und Beratung in ihrer Nähe finden können.
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14. Schutz des geborenen und ungeborenen Lebens

( 1 ) Die evangelische Kirche ist dem Schutz des geborenen und ungeborenen Lebens verpflichtet. Darum soll sie in Not- und Konfliktlagen schwangeren Frauen und ihren Partnern Information, Beratung und konkrete Hilfe anbieten. Darüber hinaus hat die Kirche in der Öffentlichkeit, in Verkündigung und Seelsorge die Aufgabe, Männer darin zu unterstützen, dass sie ihre Mitverantwortung für das von ihnen gezeugte Leben erkennen und wahrnehmen.
( 2 ) Die Kirche setzt sich nachhaltig dafür ein, dass die gesellschaftlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Kinder geschützt aufwachsen und in ihrer Entwicklung gefördert werden, und dass Mütter und Väter ihre Erziehungsaufgabe angemessen wahrnehmen können. Dafür sollen Kirche und diakonische Einrichtungen Verantwortung übernehmen.
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15. Unverheiratete und Alleinlebende

In den Gemeinden und in Bildungs- und Beratungseinrichtungen der Kirchen ist darauf zu achten, dass die Lebenssituation von Unverheirateten, Alleinlebenden und Paaren ohne Kinder achtsam wahrgenommen wird. Die diesen Gemeindegliedern wichtigen Themen und Begegnungsform müssen neben der vornehmlich auf Familien ausgerichteten Gemeindearbeit ebenfalls Platz haben.
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16. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften21#

( 1 ) Der evangelischen Kirche ist es geboten, Menschen, die in anderen Lebensformen oder mit einer bestimmten sexuellen Prägung verbindliche und treue, liebevolle und tragfähige Partnerschaft suchen, aufmerksam und ohne Abwertung wahrzunehmen und zu achten.
( 2 ) Wie alle Minderheiten benötigen Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften spezielle Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, wie auch Menschen, die für sie sprechen. Sie sind aufgrund ihrer Prägung nicht als Hilfsbedürftige und Kranke zu betrachten.
( 3 ) Im Rahmen der noch nicht abgeschlossenen Diskussion über gottesdienstliche Handlungen anlässlich der Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft muss gewährleistet sein, dass diese mit einer kirchlichen Trauung nicht verwechselt werden können.
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3. Sterbe- und Trauerbegleitung, Bestattung:

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Regelungen22#

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1. Gottesdienst zur Bestattung

( 1 ) Der Gottesdienst zur Bestattung soll der Hoffnung auf die Auferstehung der Toten Ausdruck geben. Er soll das zu Ende gegangene Leben des verstorbenen Gemeindegliedes und die hinterbliebenen Angehörigen im Blick haben.
( 2 ) Ein Bestattungsgottesdienst wird nach der geltenden Agende und unter Beachtung der örtlichen Traditionen gehalten, zu der vorher auch die Aussegnung gehören kann.
( 3 ) Bei der Gestaltung ist darauf zu achten, dass die christliche Verkündigung nicht durch Nachrufe in den Hintergrund gedrängt wird; Gleiches gilt für die Auswahl der Musik.
( 4 ) Ebenso ist darauf zu achten, dass der Gemeindegesang als gegenseitige Tröstung und Zeugnis der christlichen Hoffnung nach Möglichkeit beibehalten wird.
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2. Gespräche mit den Angehörigen

Vor der Bestattung führt die Pfarrerin oder der Pfarrer mit den Angehörigen ein seelsorgerliches Gespräch, bei dem auch Inhalt und Ablauf des Gottesdienstes zur Sprache kommen.
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3. Abkündigung und Fürbitte

Im Sonntagsgottesdienst werden die kirchlich Bestatteten namentlich genannt. Die Gemeinde befiehlt sie in Gottes Hand und betet für die Trauernden. In der Regel gedenkt die Gemeinde am letzten Sonntag des Kirchenjahres noch einmal der im vergangenen Jahr Verstorbenen und wendet sich besonders all denen zu, die um sie trauern. Dieses Totengedenken kann auch an anderen Feiertagen, wie beispielsweise am Altjahresabend oder am Ostersonntag stattfinden.
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4. Voraussetzungen für die kirchliche Bestattung

( 1 ) Die kirchliche Bestattung setzt grundsätzlich voraus, dass die oder der Verstorbene der evangelischen Kirche angehörte.
( 2 ) Auf Wunsch der Eltern sollen ungetauft verstorbene Kinder kirchlich bestattet werden. Dasselbe gilt für tot geborene Kinder und Föten.
( 3 ) Keinem Gemeindemitglied darf aufgrund seiner Todesumstände eine kirchliche Bestattung verwehrt werden.
( 4 ) Gehörte der oder die Verstorbene einer anderen christlichen Kirche an, so kann er oder sie in Ausnahmefällen von einer evangelischen Pfarrerin oder einem evangelischen Pfarrer bestattet werden. Zuvor soll mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer der anderen Kirche Kontakt aufgenommen werden.
( 5 ) Die kirchliche Bestattung von Verstorbenen, die keiner christlichen Kirche angehörten, kann in Ausnahmefällen geschehen, wenn
die evangelischen Angehörigen den Wunsch nach einer kirchlichen Bestattung äußern und wichtige seelsorgerliche Gründe dafür sprechen
dem nicht der zu Lebzeiten geäußerte Wunsch der Verstorbenen entgegensteht
das Verhältnis der Verstorbenen zur Kirche und der Gemeinde so war, dass eine kirchliche Bestattung zu verantworten ist
es möglich ist, während der Trauerfeier aufrichtig gegenüber den Verstorbenen und ihrem Verhältnis zur Kirche zu sein
die Entscheidung vor der Gemeinde verantwortet werden kann.
Bei der Entscheidungsfindung berät sich die Pfarrerin oder der Pfarrer mit Mitgliedern des Kirchenvorstandes.
Verstorbene, die keiner christlichen Kirche angehörten, sollen in einer Form bestattet werden, die die Situation angemessen berücksichtigt. Dabei muss es keine Einschränkungen in der äußeren Form (Amtstracht, Glocken) geben. Gliedkirchliche Regelungen bleiben davon unberührt.23#
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5. Bedenken gegen die kirchliche Bestattung, Ablehnung und Beschwerde

( 1 ) Bedenken gegen eine kirchliche Bestattung können sich ergeben aus dem Verhalten der oder des Verstorbenen gegenüber der Kirche oder der Gemeinde oder wenn z. B. der christliche Verkündigungsinhalt durch besondere Wünsche zur Gestaltung der Feier nicht zur Sprache kommen kann.
( 2 ) Die Entscheidung, ob eine kirchliche Bestattung gewährt oder abgelehnt werden soll, trifft die Pfarrerin oder der Pfarrer in seelsorgerlicher Verantwortung. Sie oder er berät sich, wenn Bedenken bestehen, unter Wahrung der seelsorgerlichen Verschwiegenheit mit Mitgliedern des Kirchenvorstandes und berücksichtigt das im Kirchenkreis übliche Verfahren.
( 3 ) Gegen die Ablehnung der kirchlichen Bestattung von Gemeindegliedern können Angehörige nach Maßgabe des gliedkirchlichen Rechtes bei der Superintendentin oder dem Superintendenten Beschwerde einlegen. Ihre oder seine Entscheidung über die Beschwerde ist endgültig.
( 4 ) Kommt die Superintendentin oder der Superintendent zu der Überzeugung, dass die kirchliche Bestattung vollzogen werden kann, so schafft sie oder er die Möglichkeit dafür.
( 5 ) Wird eine kirchliche Bestattung abgelehnt, soll sich die Pfarrerin oder der Pfarrer bemühen, die Angehörigen seelsorgerlich zu begleiten.
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6. Zuständigkeit

( 1 ) Für die kirchliche Bestattung ist die Pfarrerin oder der Pfarrer der Kirchengemeinde zuständig, der die oder der Verstorbene angehört hat, sofern nicht eine andere Regelung besteht.
( 2 ) Pfarrerin oder Pfarrer, Kirchenvorstand und Gemeinde tragen Verantwortung dafür, dass alle Kirchenmitglieder kirchlich bestattet werden können, die dies gewünscht haben (vorbehaltlich Ziff. 5).
( 3 ) Soll die kirchliche Bestattung von einer anderen Pfarrerin oder einem anderen Pfarrer gehalten werden, ist ein Abmeldeschein (Dimissoriale) des zuständigen Pfarramtes erforderlich, sofern nichts anderes geregelt ist. Dessen Erteilung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, aus denen eine kirchliche Bestattung abgelehnt werden kann (vgl. Ziff. 5).
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7. Beurkundung und Bescheinigung

( 1 ) Vor der kirchlichen Bestattung muss die Sterbeurkunde vorgelegt und nach gliedkirchlichem Recht die Anmeldung der Bestattung vorgenommen werden. Diese sind Grundlage für die Beurkundung im Kirchenbuch.
( 2 ) Die kirchliche Bestattung wird im Kirchenbuch der Kirchengemeinde beurkundet, in der sie stattgefunden hat, sofern dies nicht gliedkirchlich anders geregelt ist. Die Kirchengemeinde, der die oder der Verstorbene angehört hat, ist zu benachrichtigen.
( 3 ) Über die Bestattung kann den Angehörigen eine Bescheinigung ausgestellt werden.
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8. Begleitung der Sterbenden und Trauernden

( 1 ) Zum kirchlichen Handeln im Zusammenhang mit Sterben und Tod gehören Sterbe- und Trauerbegleitung.
( 2 ) Zur nachgehenden Seelsorge an den Hinterbliebenen gehören Hausbesuche, Trauergruppen, Einladungen zu Gedenkgottesdiensten sowie zu anderen Gemeindeveranstaltungen.
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9. Friedhofsgestaltung

( 1 ) Von Christinnen und Christen wird erwartet, dass sie der Toten gedenken und für die Pflege der Friedhöfe sorgen. Wo die örtliche Kirchengemeinde den Friedhof verwaltet, soll dieser so gestaltet werden, dass kein Widerspruch zur christlichen Hoffnung entsteht.
( 2 ) Kirchengemeinden, die eigene Friedhöfe verwalten, erlassen eine Friedhofsordnung.
( 3 ) Entwicklungen zur Anonymisierung der Grabgestaltung soll wirksam begegnet werden.
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C. Die institutionellen Rahmenbedingungen

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1. Kirchenmitgliedschaft:

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Regelungen24#

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1. Kirchenmitgliedschaft

Innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland sind Kirchenmitglieder die getauften evangelischen Christinnen und Christen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich einer Gliedkirche der EKD haben, es sei denn, dass sie aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind oder einer anderen evangelischen Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören. Die Kirchenmitgliedschaft besteht zur Kirchengemeinde und zur Gliedkirche des Wohnsitzes des Kirchenmitgliedes und zugleich auch zur EKD (§ 1 Abs. 2 des Kirchenmitgliedschaftsgesetzes der EKD v. 10.11.1976). Die Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde kann abweichend geregelt sein.
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2. Wohnsitzwechsel

Bei einem Wohnsitzwechsel in den Bereich einer anderen Gliedkirche der EKD setzt sich die Kirchenmitgliedschaft in der Gliedkirche des neuen Wohnsitzes fort, wenn sich das Kirchenmitglied nicht einer anderen evangelischen Kirche im Bereich dieser Gliedkirche anschließt und dies der zuständigen kirchlichen Stelle innerhalb eines Jahres nachweist (§ 8 Abs. 1 Kirchenmitgliedschaftsgesetz der EKD). Aus dem Ausland zuziehende Evangelische erwerben durch eine Erklärung die Mitgliedschaft.
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3. Rechte und Pflichten

( 1 ) Die Kirchenmitglieder haben das Recht, am kirchlichen Leben teilzunehmen; sie können den Dienst der Verkündigung, Spendung der Sakramente, Amtshandlung, Seelsorge und Diakonie in Anspruch nehmen; das Patenamt ausüben; an der Urteilsbildung über die rechte Lehre Anteil nehmen; geordnete Dienste und leitende Ämter in der Kirche nach entsprechender Vorbereitung ausüben; an der Leitung der Gemeinde nach Maßgabe kirchlichen Rechts – auch durch die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts – teilnehmen.
( 2 ) Von jedem Kirchenmitglied wird erwartet, dass es sich an der Erfüllung des kirchlichen Auftrages in Zeugnis und Dienst beteiligt. Kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen die Ziele der Kirche mittragen und ihr Ansehen fördern.
( 3 ) Die Kirchenmitglieder sind verpflichtet, den Dienst der Kirche durch Leistung der gesetzlich geordneten kirchlichen Abgaben mitzutragen und staatlichen wie kirchlichen Stellen die in diesem Zusammenhang erforderlichen Angaben zu machen. Sie sollen darüber hinaus die Arbeit der Kirche durch Spenden unterstützen.
( 4 ) Gliedkirchliche Rechtsvorschriften, die die Ausübung kirchlicher Rechte von besonderen Voraussetzungen, insbesondere von der Zulassung zum Abendmahl, abhängig machen, bleiben unberührt.
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4. Beendigung der Kirchenmitgliedschaft

Die Kirchenmitgliedschaft endet mit – nicht nur vorübergehendem – Fortzug aus dem Bereich der EKD, durch Übertritt zu einer anderen Kirche gemäß einer Übertrittsvereinbarung oder durch den Austritt nach staatlichem Recht.
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5. Der Kirchenaustritt

Der Kirchenaustritt hebt die in der Taufe begründete Gotteskindschaft nicht auf. Wenn bekannt wird, dass jemand beabsichtigt, aus der Kirche auszutreten, soll die Pfarrerin oder der Pfarrer mit der oder dem Betreffenden ein seelsorgerliches Gespräch suchen und auf die Konsequenzen dieses Schrittes aufmerksam machen. Es ist darauf zu achten, dass die kirchlichen Angebote die Ausgetretenen weiterhin erreichen und sie zum Wiedereintritt einladen.
Wer aus der Kirche austritt, verliert die Zulassung zum Abendmahl und alle kirchlichen Rechte, z. B. das kirchliche Wahlrecht. Ein bestehendes Patenamt ruht.
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6. Wiederaufnahme, Aufnahme und Übertritt

Wer getauft ist, kann nach gliedkirchlichem Recht in seiner Kirchengemeinde oder in einer dafür eingerichteten Eintrittsstelle aufgenommen werden. Wer einer anderen christlichen Kirche angehört hat, muss zuvor aus dieser austreten, sofern nicht zwischen den beteiligten Kirchen eine Übertrittsmöglichkeit vereinbart ist. Der Wiederaufnahme, Aufnahme bzw. dem Übertritt soll eine Unterweisung im christlichen Glauben vorausgehen; sofern eine solche entbehrlich erscheint, soll zumindest ein seelsorgerliches Gespräch geführt werden. Nach gliedkirchlichem Recht bestehende weitere Voraussetzungen bleiben unberührt. Der Wiederaufnahme, Aufnahme bzw. dem Übertritt soll die Teilnahme am Abendmahl folgen.
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7. Gemeindegliederverzeichnis und kirchliches Meldewesen

Für jede Kirchengemeinde wird ein Gemeindegliederverzeichnis geführt. Es enthält die Daten über die Kirchenmitglieder mit ihren Familienangehörigen. Das Gemeindegliederverzeichnis ist mit Hilfe der von den staatlichen Meldebehörden übermittelten Daten stets aktuell zu halten. Die Regelungen des Datenschutzgesetzes der EKD sind anzuwenden.
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2. Dienst, Mitarbeit und Leitung in Kirche und Gemeinde:

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Regelungen25#

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1. Dienst der Verkündigung und weitere Dienste

( 1 ) Die öffentliche Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung wird in der Regel von dazu besonders ausgebildeten und öffentlich berufenen (ordinierten) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen.
( 2 ) Mit diesem Dienst können auch andere hierfür ausgebildete Gemeindeglieder beauftragt werden. Die Beauftragung von Lektorinnen und Lektoren oder Prädikantinnen und Prädikanten erfolgt nach gliedkirchlichem Recht für eine begrenzte Zeit und einen bestimmten Ort.
( 3 ) Zu den Aufgaben der Kirche gehören außerdem weitere Dienste in der Verkündigung sowie Dienste am Nächsten und an der Gesellschaft, vor allem im Bereich der Diakonie und anderer Werke und Einrichtungen sowie in der Verwaltung. Für den Dienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die geltenden Regelungen (z. B. Kirchengemeindeordnungen, Mitarbeitergesetze und Dienstvertragsordnungen, Kirchengesetze oder Leitlinien für Ehrenamtliche) maßgeblich.
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2. Dienstgemeinschaft

( 1 ) Der gemeinsame Auftrag der Bezeugung und Verkündigung des Evangeliums verpflichtet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vertrauensvoller Zusammenarbeit. Sie nehmen ihn in einer gegliederten Verantwortung wahr.
( 2 ) Durch die öffentliche Vorstellung und Einführung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Gottesdienst bekräftigt die Gemeinde die Dienstgemeinschaft aller.
( 3 ) Die Beschäftigung im kirchlichen Dienst setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der EKD voraus. Über Ausnahmen entscheidet das gliedkirchliche Recht.
( 4 ) Die Mitglieder der Kreis- und Landessynoden sollen insbesondere der Einheit der Kirche dienen und ihren Auftrag verantwortlich gestalten. Gegensätzliche Meinungen und Positionen sollen in Offenheit und gegenseitiger Achtung ausgetragen werden und das Bemühen um Gemeinsamkeit im Vordergrund stehen.
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3. Einführung in den Dienst und Verabschiedung26#

Wer mit beruflichem oder ehrenamtlichem Dienst in der Gemeinde beauftragt wird, soll ihr vorgestellt und mit Gebet und Segen im Gottesdienst eingeführt werden. Auch die Verabschiedung aus dem Dienst sollte in gottesdienstlicher Form begangen werden.
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4. Zusammenarbeit

( 1 ) Dem Zusammenwirken von beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gemeinde ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Einmal jährlich soll bei einer Begegnung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gelegenheit sein, sich des gemeinsamen Auftrags zu vergewissern und Anerkennung für den geleisteten Dienst auszusprechen.
( 2 ) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedenen Dienstbereiche sollen sich über Planungen und Projekte austauschen.
( 3 ) Alle beruflich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen sich regelmäßig zu Dienstbesprechungen, in die auch die ehrenamtlich Tätigen in geeigneter Weise einzubeziehen sind.
( 4 ) Um einer vertrauensvollen und effektiven Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter willen ist eine klare Bestimmung und Abgrenzung der Aufgaben unerlässlich.
( 5 ) Allen Mitarbeitenden soll im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Zugang zu den für ihren Auftrag notwendigen Informationen gewährt werden.
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5. Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Wer in Kirche und Gemeinde mitarbeitet, sollte seelsorgerlich begleitet und seinen Gaben entsprechend fortgebildet und gefördert werden. Die Kirchen und Gemeinden stellen in ihren Haushalten entsprechende Mittel für die Fortbildung der Mitarbeitenden ein.
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6. Ersatz von Kosten

Notwendige Kosten für die Wahrnehmung des Dienstes in Kirche und Gemeinde werden nach vorheriger Genehmigung erstattet. Wiederkehrende Kosten können pauschaliert und als Aufwandsentschädigungen erstattet werden. Nach gliedkirchlichem Recht können Entschädigungen für Verdienstausfall gezahlt werden.
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7. Gemeindeleitung

Die Leitung der Gemeinde wird grundsätzlich von Pfarramt und Kirchenvorstand gemeinsam wahrgenommen. Näheres regelt das gliedkirchliche Recht.
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3. Geld, Vermögen und wirtschaftliches Handeln der Kirche:

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Regelungen

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1. Treue und Glaubwürdigkeit

Im Umgang mit ihrem Geld und sonstigen Vermögen sowie in ihrem wirtschaftlichen Handeln muss die Kirche um Treue und Glaubwürdigkeit bemüht sein.
Was der Kirche anvertraut ist, soll ihrem Auftrag in Zeugnis und Dienst entsprechend verwendet werden. Sie muss im Blick behalten, dass sie als Teil einer weltweiten Ökumene zur Solidarität verpflichtet ist.
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2. Rechenschaft und Information

Über die Verwaltung des Besitzes und das wirtschaftliche Handeln muss in den dafür zuständigen Gremien Rechenschaft abgelegt werden.
Die Kirche und ihre Untergliederungen machen ihre Haushaltspläne und Jahresrechnungen der Öffentlichkeit zugänglich. Die Bestimmungen zur Haushaltsführung und Vermögensverwaltung sind nach gliedkirchlichem Recht umzusetzen.
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3. Zuwendungen

Beim Umgang mit Spenden, Stiftungen, Vermächtnissen und sonstigen Zuwendungen muss sich die Kirche strikt am Geberwillen orientieren. Deshalb ist bei der Entgegennahme von Zuwendungen zu prüfen, ob damit Zwecke verfolgt werden sollen oder daran Bedingungen geknüpft werden, die mit dem Auftrag der Kirche nicht zu vereinbaren sind. Solche Zuwendungen sind zurückzuweisen.
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4. Soziale Verantwortung

Die Kirchen sollen soziale Verantwortung im Umgang mit Geld wahrnehmen und nachhaltige Konzepte des Wirtschaftens fördern und anwenden, die mit Vorstellungen und Zielen der Kirche vereinbar sind, insbesondere nicht zu einer Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen führen und damit die natürlichen Lebensgrundlagen gefährden. Im Bemühen um soziale Gerechtigkeit soll die Kirche mit gutem Beispiel vorangehen.
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D. Dimensionen kirchlichen Lebens

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1. Gestaltung der Gemeinschaft:

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Regelungen

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1. Evangelium und Gemeinde

Das Evangelium bildet den Bezugspunkt aller Arbeit und Gestaltung von Gemeinde. Durch das Wort Gottes eröffnen sich neue Perspektiven auf die Gaben, Möglichkeiten und Aufgaben einzelner Gemeindeglieder, Gruppen und der Gesamtgemeinde wie auch auf die umgebende Wirklichkeit.
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2. Gemeindeerneuerung

( 1 ) Den Zusammenhalt in der Gemeinde zu fördern, ist eine geistliche Aufgabe. Die Gemeinde wird erneuert durch den Heiligen Geist. Dies soll konkret werden in Gebet, Gottesdienst und der Praxis der Nächstenliebe.
( 2 ) Diakonische und Missionarische Projekte sollen Ausdruck einer dienenden und ihrer Sendung bewussten Gemeinde sein.
( 3 ) Gemeinde erneuert sich auch durch ökumenische Gemeinschaft. Deshalb sollen die Gemeinden die ökumenische Nachbarschaft und die ökumenische Partnerschaft pflegen.
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3. Gemeindeformen

Die von Gott verheißene Gemeinschaft der Christinnen und Christen findet unterschiedliche Ausprägungen. Wo sich die ortsbezogene Gemeindeform bewährt, soll sie genutzt und gefördert werden. Daneben ist die Zusammenarbeit von Gemeinden auf regionaler Ebene bzw. in Diensten, Werken und Einrichtungen zu fördern.
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4. Gemeindeaufbau

Die Entwicklung und der Aufbau der Gemeinde setzen die Klärung von konzeptionellen Fragen voraus, insbesondere in Kirchenvorstand und Pfarramt. Dabei sollen nach Möglichkeit die für diese Fragen vorhandenen Dienste in Anspruch genommen werden. Vor allem ist der Austausch zwischen Gemeindegliedern und Gruppen mit unterschiedlichen Frömmigkeitsstilen zu fördern.
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5. Zusammenarbeit

Die Entwicklung der Zusammenarbeit ist eine wichtige Aufgabe: von beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden, von Frauen und Männern, von Gruppierungen innerhalb der Gemeinde, zwischen den Kirchengemeinden in einer Region und den Gemeinden anderer christlicher Konfessionen. Die Vernetzung und Koordination von Initiativen und Gruppen ist auf allen kirchlichen Ebenen zu fördern. Die wechselseitigen Beziehungen zwischen Gemeinde und allen landeskirchlichen Ebenen sind zu vertiefen.
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6. Mitarbeiterförderung

Die am Gemeindeleben und Aufbau der Gemeinde sowie an Initiativen beteiligten beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden sollen für ihren Dienst motiviert, vorbereitet und begleitet werden. Die Vertretung der Ehrenamtlichen nach innen und nach außen sollte institutionell gewährleistet werden.
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7. Leitung

Auf der Ebene der Gemeinden, des Kirchenkreises und der Landeskirche muss „Leitungskompetenz“ gezielt gefördert und eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit in den Gremien und im Mitarbeiterkreis ist regelmäßig auf ihre Qualität zu überprüfen.
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8. Gastfreundschaft

Wo von der Gemeinde Gastfreundschaft erbeten wird, soll sie großzügig gewährt werden. Sie hat ihre Grenzen, wenn Grundsätze vertreten und Ziele verfolgt werden, die Gottes Gebot und seinem Evangelium widersprechen.
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2. Seelsorge, Beratung, Beichte:

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Regelungen27#

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1. Auftrag zur Seelsorge

Kirche ist zur Seelsorge an allen Menschen beauftragt; sie darf niemandem aufgezwungen werden.
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2. Seelsorgerliche Verschwiegenheit28#

( 1 ) Die seelsorgerliche Verschwiegenheit muss gewahrt werden. Alle, die seelsorgerliche Dienste übernehmen, müssen sich verpflichten, die seelsorgerliche Verschwiegenheit zu achten.
( 2 ) Im staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Verfahren ist grundsätzlich jede oder jeder zur Zeugenaussage verpflichtet. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in der Regel im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren oder strafgerichtlichen Verfahren kein Zeugnisverweigerungsrecht. Falls Ehrenamtlichen derartiges anvertraut werden soll, ist es deren Pflicht, darauf hinzuweisen, dass sie kein Zeugnisverweigerungsrecht haben.
( 3 ) Im Verfahren vor Zivil-, Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichten sowie in Schiedsverfahren haben Ehrenamtliche kein Zeugnisverweigerungsrecht. In Betreuungs- oder Nachlasssachen kann einem in der Sterbebegleitung ehrenamtlich Tätigen oder einer Tätigen ein Aussageverweigerungsrecht zustehen, wenn eine besondere Vertrauensstellung aufgrund der Betreuung gegeben ist.
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3. Aus- und Fortbildung

Die in Gemeinden, Einrichtungen und Diensten beruflich und ehrenamtlich in der Seelsorge Tätigen sollen ausgebildet, begleitet und fortgebildet werden. Diejenigen, bei denen eine besondere Begabung für die Seelsorge vorhanden ist, sind zu fördern. Wer seelsorgerlich tätig ist, hat grundsätzlich Anspruch auf Supervision.
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4. Spezielle Seelsorge

Zur Seelsorge in bestimmten Institutionen (z. B. Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten, Bundeswehr) sollen die Kirchen spezifische Angebote und Dienste unterhalten oder einrichten. Dazu werden Vereinbarungen bzw. Verträge zwischen kirchlichen und öffentlichen Institutionen geschlossen, weil es sich um gemeinsame Angelegenheiten handelt.
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5. Evangelische Beichte

Die evangelische Beichte kann als Einzelbeichte, als allgemeine Beichte im Gottesdienst oder Beichtgottesdienst oder im Rahmen eines Seelsorgegespräches erfolgen. Für die Einzelbeichte und die Beichte im Gottesdienst gilt die agendarische Ordnung.
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6. Beichtgeheimnis29#

( 1 ) Im Beicht- und Seelsorgegespräch ist besonders auf die Vertraulichkeit und Verschwiegenheit hinzuweisen.
( 2 ) Pfarrerinnen und Pfarrer sind durch ihre Ordination zur unverbrüchlichen Wahrung des Beichtgeheimnisses verpflichtet.
( 3 ) Das Beichtgeheimnis wird wie das Seelsorgegeheimnis vom Staat anerkannt. Der Staat gewährt allen ordinierten Geistlichen im staatlichen Prozessrecht das Recht, über das ihnen im seelsorgerlichen Gespräch Anvertraute die Zeugenaussage zu verweigern.
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7. Zuständigkeit

( 1 ) Dem Wunsch nach einer Einzelbeichte haben ordinierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche uneingeschränkt und vorrangig zu entsprechen.
( 2 ) Grundsätzlich kann jede Christin und jeder Christ das Schuldbekenntnis annehmen und Gottes Vergebung zusprechen. Wer die Beichte abnimmt, soll sich jedoch bewusst machen, dass das Beichtgeheimnis zu wahren ist und daraus gegebenenfalls Gewissenskonflikte und tatsächliche wie auch rechtliche Konsequenzen entstehen können. Auch kann sich die oder der Nichtgeistliche, im Gegensatz zu ordinierten Geistlichen, nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.
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3. Diakonie:

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Regelungen

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1. Diakonie als Werk der Kirche

Kirchen und Gemeinden sollen Gottes Liebe zur Welt in Jesus Christus allen Menschen bezeugen, sich als soziale Anwälte der Schwachen verstehen und Diakonie als eine wesentliche Gestalt dieses Zeugnisses entwickeln. Sie haben den Auftrag, sich besonders der Menschen in leiblicher Not, in seelischer Bedrängnis und in sozial ungerechten Verhältnissen anzunehmen und zu versuchen, die Ursachen dieser Nöte zu beheben. Des Weiteren umfasst dieser Auftrag die Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Kirchen und Gemeinden sollen diesen Dienst an Einzelnen und an Gruppen, an Nahen und an Fernen, an Christen und Nichtchristen in ökumenischer Weite tun.
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2. Verantwortung des Kirchenvorstandes

( 1 ) In der Kirchengemeinde geschieht Diakonie in der Verantwortung des Kirchenvorstandes, indem dieser im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür sorgt, dass entsprechende Einrichtungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Sachmittel vorhanden sind. Das kann auch in Verbindung mit anderen Kirchengemeinden oder auf der Ebene des Kirchenkreises geschehen.
( 2 ) Die Selbstständigkeit diakonischer Einrichtungen mit eigener Rechtsform ist zu wahren.
( 3 ) Mit anderen Trägern diakonischer und sozialer Arbeit im Bereich der Kirchengemeinde soll Verbindung gehalten und Zusammenarbeit gesucht werden.
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3. Übertragung diakonischer Aufgaben

Der Kirchenvorstand kann einzelnen seiner Mitglieder besondere diakonische Aufgaben übertragen. Die Beauftragten achten darauf, dass diese in den Beratungen und Entscheidungen des Kirchenvorstandes berücksichtigt werden. Sie halten mit den entsprechenden Einrichtungen in der Gemeinde Kontakt. Der Kirchenvorstand tritt dafür ein, dass alle Gemeindemitglieder den diakonischen Auftrag erkennen, und fördert sie dabei.
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4. Diakonieausschuss

( 1 ) Der Kirchenvorstand kann nach gliedkirchlichem Recht zur Förderung der diakonischen Arbeit einen Diakonieausschuss berufen. Dieser soll aus Mitgliedern des Kirchenvorstandes, in der Diakonie tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und sachkundigen Gemeindegliedern gebildet werden.
( 2 ) Er hat die Aufgabe, das diakonische Handeln der Gemeinde auch in Verbindung mit vorhandenen Einrichtungen anzuregen und zu fördern. Er berät den Kirchenvorstand in allen diakonischen Fragen.
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5. Zusammenarbeit

( 1 ) Kirchenkreise und Gliedkirchen stärken die Gemeinden bei der Erfüllung ihres diakonischen Auftrags. Sie fördern die Arbeit der diakonischen Werke und Einrichtungen in ihrem Bereich und unterstützen deren Zusammenarbeit mit den Gemeinden und anderen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege.
( 2 ) Die Zusammenarbeit und der Kontakt zwischen der verfassten Kirche und den selbstständigen diakonischen Einrichtungen, muss von beiden Seiten gefördert und gepflegt werden.
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6. Förderung von Ehrenamtlichkeit und Initiativen

Die Gemeinden sollen für den diakonischen Dienst ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und befähigen, indem sie diesen Aus- und Fortbildung ermöglichen. Kirchen und Gemeinden sollen ebenfalls Initiativen unterstützen, die in verschiedenen Lebenszusammenhängen Menschen Hilfe anbieten, z. B. in Besuchsdiensten und Tafeln für Bedürftige. Diakonie und Gemeinden sollen auf diesem Feld zusammenarbeiten, um deutlich zu machen, dass die Basis des diakonischen Dienstes das persönliche Engagement im Alltag und am Lebensort bildet.
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7. Entwicklung der Sozialkultur

Kirchen und Gemeinden sollen im Gespräch mit anderen Verantwortungsträgern in der Gesellschaft ethische Maßstäbe für das soziale Handeln erörtern und sich gegenüber rein ökonomischen Gesichtspunkten zu Wort melden und sich auf der Grundlage des biblisch-christlichen Menschenbildes für die Würde und den Wert des menschlichen Lebens einsetzen.
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4. Mission, Ökumene und Entwicklung:

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Regelungen

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1. Mission als Auftrag der Kirche

( 1 ) Kirche und Mission gehören untrennbar zusammen. Darum müssen die Kirchen mit ihrem jeweiligen Missionswerk diese Zusammengehörigkeit in die Tat umsetzen.
( 2 ) Kirche und Gemeinden, Christinnen und Christen sollen geistlich, personell und materiell Ökumene und Entwicklung fördern: von einzelnen Aktivitäten und Projekten auf Gemeindeebene bis hin zur Unterstützung der weltweiten Zusammenschlüsse.
( 3 ) Zur Mission gehört die Bereitschaft zum Dialog mit Menschen anderen Glaubens und anderer Weltanschauungen.
( 4 ) Für das Verhältnis zu den jüdischen Brüdern und Schwestern gilt: Alle Begegnungen von Christen und Juden, die dem gegenseitigen Hören auf das jeweilige Glaubenszeugnis Raum geben und vom Respekt vor dem Anderssein des anderen getragen sind, verdienen Unterstützung und Förderung. Allen Versuchen, die darauf zielen, Juden von ihrem Glauben abzubringen, ist zu widersprechen. Begehrt jedoch eine Jüdin oder ein Jude die Taufe, so ist diesem Wunsch zu entsprechen.
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2. Missionarische Aktivitäten der Gemeinden

( 1 ) Dem Auftrag der Gemeinde, missionarisch zu wirken, soll in vielfältiger Weise entsprochen werden, um Getaufte zu einem lebendigen Christenleben einzuladen sowie Nichtchristen für Christus zu gewinnen. Das erfordert Befähigung und Bereitschaft der Gemeinde, über den eigenen Glauben Rechenschaft abzulegen und sich für Hinzukommende zu öffnen.
( 2 ) Die Erfahrungen aus der Weltmission, vor allem mit den aus der Mission entstandenen und nun selbst missionierenden Partnerkirchen, sollen zum Gemeindeaufbau genutzt werden. Deshalb muss der Austausch ökumenischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiviert werden.
( 3 ) Die Gemeinden sollen Begabungen entdecken und fördern sowie Menschen gewinnen und begleiten, die zum Zeugnis im eigenen Bereich oder zur Übernahme von Aufgaben in der weltweiten Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit bereit sind.
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3. Ökumenische Zusammenarbeit vor Ort

Das Zusammenwirken der Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen, verschiedener Sprache und Herkunft am Ort, in der Region und im gesamtkirchlichen Rahmen sollte auf verbindliche Absprachen und Vereinbarungen hinzielen.
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4. Partnerschaftliche Zusammenarbeit

( 1 ) Zum Teilen der geistlichen und materiellen Güter sollen die Kirchengemeinden die Möglichkeit zu Direktpartnerschaften nutzen. Dabei sollen regionale Kooperation angestrebt und die Erfahrungen der jeweiligen Partner sowie die Hilfen der Missions- und Diasporawerke genutzt werden. Das Zusammenwirken mit gesamtkirchlichen Aktivitäten ist erforderlich.
( 2 ) Es sind Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zur Koordination der von Missionswerken gepflegten Verbindungen in den Süden, der Diasporaarbeit und der neuen Arbeitsform der ökumenischen Diakonie im europäischen und weltweiten Rahmen zu schaffen.
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5. Kooperation und Vernetzung

( 1 ) Für die vielfältigen Aktivitäten von Aktionsgruppen, Vereinen und Förderkreisen auf den verschiedenen Ebenen von Gemeinde, Region und Gesamtkirche sollen geeignete Instrumente zur Kooperation und Koordination geschaffen werden, um die geistlichen, personellen und materiellen Ressourcen sinnvoll und effektiv einzusetzen und den Austausch über gemeinsame Ziele bei unterschiedlichen Ausgangspunkten zu fördern. Das betrifft insbesondere diejenigen, die in verschiedenen Bereichen der Entwicklungsarbeit im Sinne der ökumenischen Diakonie tätig sind.
( 2 ) Auf der Ebene der Gemeinden, der Region und der Kirchen sind Voraussetzungen zu schaffen, um Impulse, Anregungen und Programme der überregionalen Zusammenschlüsse (z. B. ÖRK, LWB, KEK, ACK) sowie VELKD und DNK des LWB in die jeweilige örtliche Situation umzusetzen und die Zusammenarbeit mit diesen Gremien und Organisationen zu suchen.
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6. Missionarische Kirche in globaler Verantwortung

( 1 ) Zur Wahrnehmung der globalen Verantwortung sind Bildungsangebote zu Fragen der Entwicklung und Ökumene durch Gemeinden und andere im Bildungsbereich Tätige erforderlich. Zum missionarischen Wirken der Kirche auf allen Ebenen gehören ebenso Aktivitäten in den Gemeinden wie die Fortbildung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
( 2 ) Missionarische Kirche soll die Anwaltschaft in Fragen der wirtschaftlichen Gerechtigkeit und der Menschenrechte übernehmen, um angesichts globaler Herausforderungen die gemeinsame Verantwortung und Solidarität zu stärken.
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5. Gesellschaftliche Verantwortung:

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Regelungen

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1. Öffentliche Verantwortung

Die Kirche soll sich mit ihrer Botschaft von der befreienden Gnade Gottes öffentlich für „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ einsetzen. Wo Grundrechte des Menschen verletzt werden und die Grundlagen für menschenwürdiges Dasein gefährdet sind, soll sie um Gottes und der Menschen willen Einspruch erheben.
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2. Kirche und Staat

Die Kirche bejaht die wechselseitige Unabhängigkeit von Kirche und Staat. Gleichwohl gibt es Bereiche gemeinsamer Aufgaben. Gemäß dem Prinzip der Subsidiarität soll sie zur Kooperation mit staatlichen Stellen bereit sein.
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3. Demokratie

( 1 ) In der parlamentarischen Demokratie sieht die Kirche eine gute Möglichkeit für ihre Mitglieder, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Sie soll diese daher ermutigen, ihr aktives und passives Wahlrecht auf allen Ebenen, von den Kommunen bis zur Europäischen Union, auszuüben und nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten öffentliche Ämter zu übernehmen.
( 2 ) Die Kirche unterstützt das gesellschaftliche Engagement ihrer Mitglieder, fördert die öffentliche Willensbildung, stärkt die Bürgerbeteiligung und trägt bei zum Gespräch zwischen den unterschiedlichen politischen Überzeugungen.
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4. Formen kirchlichen Wirkens in der Öffentlichkeit

Die Kirche soll das Handeln der Politikerinnen und Politiker in der Fürbitte vor Gott und mit kritischer Anteilnahme begleiten. Sie soll öffentliche Probleme, die Menschen bewegen, in ihrer Verkündigung ansprechen und sich darum bemühen, dass die Gesellschaft nicht in Einzelinteressen zerfällt. Durch Mitwirkung, z. B. im Bereich der Erwachsenenbildung sowie in Schulen und anderen Ausbildungsstätten soll sie Menschen dazu befähigen, selbstverantwortlich am öffentlichen Leben teilzunehmen. Zu besonders brennenden gesellschaftlichen Fragen soll sie in Medien öffentlich Stellung nehmen.
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5. Politische Betätigung

( 1 ) Pfarrerinnen und Pfarrer sind auch bei politischer Betätigung ihrem Auftrag verpflichtet; sie schulden ihren Dienst allen Gemeindegliedern ohne Ansehen ihrer politischen Einstellung.
( 2 ) Kandidiert eine Pfarrerin oder ein Pfarrer bei der Wahl zu einer politischen Körperschaft oder hat sie bzw. er eine Wahl angenommen, wird auf der Grundlage des Pfarrergesetzes nach gliedkirchlichem Recht über die Rechtsfolgen entschieden.
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6. Autorität und Kritik

Die Kirche bemüht sich auf allen Ebenen ihres öffentlichen Wirkens um Treue zu ihrer Sendung in der Nachfolge Jesu Christi und um die notwendige Sachkompetenz hinsichtlich der sozialen und politischen Fragen, zu denen sie sich äußert. Da sie aber einerseits nicht in eigener Autorität, sondern im Namen ihres Herren spricht und da sie andererseits in ihrer politischen Urteilsfähigkeit an der menschlichen Fehlbarkeit teilhat, soll sie sich auch der öffentlichen Kritik an ihren Verlautbarungen und an ihrem Handeln stellen.
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6. Öffentlichkeitsarbeit und Publizistik der Kirche

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Regelungen30#

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1. Kirchlicher Auftrag und öffentliche Präsenz

( 1 ) Die öffentliche Darstellung der Kirche geschieht wesentlich durch die Erfüllung ihres Auftrages, in Wort und Tat Gott zu dienen, den Glauben zu wecken, Liebe zu üben und sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen einzusetzen.
( 2 ) Kirchliche Öffentlichkeitsarbeit muss als Aufgabe der Kirchen- und Gemeindeleitung wahrgenommen und gefördert werden.
( 3 ) Die Kirche ist verpflichtet, von der Ebene der Gemeinden bis zu ihrer Leitungsebene sorgfältig, rechtzeitig und umfassend zu informieren. Dies gilt sowohl intern als auch für den Umgang mit den Medien.
( 4 ) Die Kirche soll sich journalistischer und künstlerischer Mittel bedienen und die gestalterischen Möglichkeiten der audiovisuellen Medien nutzen. Dabei kann sie auch werbepsychologische Methoden anwenden.
( 5 ) Aus dem Zusammenhang von äußerem Erscheinungsbild und Mitgliederbewusstsein bzw. Teilnahmeverhalten müssen Konsequenzen gezogen werden: Die Kirche soll sich einladend, lebensnah, glaubwürdig, verbindlich und offen präsentieren.
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2. Informationspflicht

( 1 ) Die Kirche, ihre Gemeinden und Institutionen müssen dafür sorgen, dass Informationen über Gottesdienste, Veranstaltungen und Dienste allen Mitgliedern zugänglich gemacht werden.
( 2 ) Dazu sollen Beauftragte oder Arbeitsgruppen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit berufen und fortgebildet werden, die mit den Medien zusammenarbeiten und Gemeinden und Einrichtungen in Fragen der Öffentlichkeitsarbeit beraten können.
( 3 ) Die Gemeinden sollen Gemeindebriefe in gedruckter oder elektronischer Form herausgeben, um zu informieren und zur Teilnahme und Mitwirkung am Gemeindeleben einzuladen.
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3. Rahmenbedingungen

( 1 ) In kirchlicher Öffentlichkeits- und Medienarbeit müssen die Würde des Gottesdienstes und der Verkündigung, das Seelsorgegeheimnis und die Bestimmungen des Datenschutzes beachtet werden.
( 2 ) Die kirchliche Öffentlichkeits- und Medienarbeit soll dafür eintreten, dass die Würde des Menschen in der Berichterstattung unangetastet bleibt.
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4. Publizistik

( 1 ) Die evangelische Publizistik soll unabhängig über das kirchliche Leben und die christliche Lebenswirklichkeit berichten und gesellschaftliche Vorgänge kritisch begleiten.
( 2 ) Sie soll Benachteiligten Gehör verschaffen, auf menschliche Nöte hinweisen und auf Abhilfe dringen.
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5. Rundfunk und Fernsehen

( 1 ) Das Recht bzw. die Möglichkeit, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Verkündigungssendungen zu gestalten, muss von der Kirche aktiv in hörer- und zuschauergerechter Form wahrgenommen werden. Der Begrenzung dieser Möglichkeit ist entgegenzutreten.
( 2 ) Durch die Mitwirkung in Rundfunkbeiräten sollen Vertreterinnen und Vertreter der Kirche deren Auftrag wahrnehmen.
( 3 ) Gegenüber den privat-rechtlichen Rundfunksendern soll die Kirche Rahmenbedingungen entwickeln bzw. sichern, damit für Verkündigungssendungen Sendezeit bereitgestellt wird.
( 4 ) Die Kirche soll die Ergebnisse der Medienforschung für ihre Sendungen nutzen.
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6. Kirchliche Beauftragte

Kirchliche Beauftragte sollen zu den Redaktionen von Presse, Funk und Fernsehen intensive Kontakte pflegen und sie aus erster Hand über kirchliche Themen informieren.
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7. Internet und Multimedia

Für das Internet und den Multimediabereich sollen qualifizierte Angebote entwickelt, gefördert und koordiniert werden. Entsprechende Beratungs- und Fortbildungsangebote sind bereitzustellen und zu nutzen.
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8. Qualifizierung von Mitarbeitenden

Der Öffentlichkeitsaspekt kirchlichen Handelns und gemeindlichen Lebens muss vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermittelt werden. Dazu müssen Fortbildungen und Materialhilfen angeboten werden.
Kirchenleitungen müssen dafür sorgen, dass in allen Tätigkeitsbereichen der Öffentlichkeitsarbeit qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stehen.

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1 ↑ An dieser Stelle wird nur der Regelungsteil mit den Anmerkungen für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen wiedergegeben. Der vollständige Text mit den Abschnitten „Wahrnehmung der Situation“ und „Biblische Grundlagen und theologische Orientierung“ ist in Buchform beim Gütersloher Verlagshaus veröffentlicht (ISBN 3-579-05514-3).
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2 ↑ Vgl. Augsburger Bekenntnis Artikel 7 (Evangelisches Gesangsbuch Nr. 808); Evangelisches Gottesdienstbuch – Agende für die EKU und die VELKD – 1999. §§ 31 und 32 PfG der VELKD (Rechtssammlung Nr. B 600)
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3 ↑ In diesem Zusammenhang ist vor allem auch an die Friedensgebete zu denken.
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4 ↑ Vgl. Art. 1 Abs. 1 Verfassung der ELKTh (Rechtssammlung der ELKTh Nr. 100).
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5 ↑ Das Nähere ist in den Dienstanweisungen der Kirchenmusiker und Kirchenmusikerinnen zu regeln.
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6 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 1 – Die Taufe –, neu bearb. Ausgabe 1999; Evangelisches Gottesdienstbuch, S. 149 ff.
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7 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 1 – Die Taufe –, S. 201 ff.
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8 ↑ Die Pfarrämter sind gebeten, bei Paten, die nicht Glieder der Kirchgemeinde sind, die Vorlage eines Patenscheins zu veranlassen.
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9 ↑ Die Nachbestellung von Paten ist im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen nicht üblich.
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10 ↑ Vgl. Augsburger Bekenntnis Artikel 7; 14 (Evangelisches Gesangbuch Nr. 808); Handreichung der Bischofskonferenz der VELKD „Das Heilige Abendmahl“, 1990; Evangelisches Gottesdienstbuch, S. 229 ff.
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11 ↑ Vgl. Handreichung der VELKD „Das Heilige Abendmahl in der Seelsorge an Alkoholgefährdete“, 1979 (Texte aus der VELKD Nr. 8).
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12 ↑ Handreichung der Generalsynode der VELKD „Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl“, 1977.
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13 ↑ Zur Teilnahme von getauften Kindern am Abendmahl vgl. Sammelrundschreiben des Landeskirchenamtes vom 5. Juli 1984 Nr. 4/84.
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14 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD – Konfirmation –, 2001.
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15 ↑ Vgl. Rahmenrichtlinien für die Konfirmandenzeit und Konfirmation vom 28. Mai 2002 (ABl. S. 181).
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16 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 2, – Die Trauung –, 2. aktualisierte Aufl. 1999; „Die Ehe als Leitbild“, gutachterliche Stellungnahme der VELKD, 1997 (Texte aus der VELKD Nr. 75).
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17 ↑ Gehört nur ein Ehepartner der evangelischen Kirche an, handelt es sich um einen Gottesdienst zur Eheschließung.
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18 ↑ Vgl. „Gemeinsame Feier der kirchlichen Trauung“, hrsg. von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Rat der EKD, 1995.
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19 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 2 – Die Trauung-, S. 105 ff.
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20 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 2 – Die Trauung –, S. 89 ff.
Dieses Verfahren findet bei Gottesdiensten zur Eheschließung entsprechende Anwendung.
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21 ↑ Zum Umgang mit Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vgl. auch den Abschlussbericht „Liebe zwischen Menschen gleichen Geschlechts“ der synodalen Arbeitsgruppe „Homosexuelle in der Kirche“, welchen die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen am 18. November 1995 entgegengenommen hat.
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22 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 5 – Bestattung –, 1996.
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23 ↑ Hinsichtlich der kirchlichen Bestattung von Verstorbenen, die keiner christlichen Kirche angehörten, sind die Superintendenturen nach § 1 Abs. 2 der Verordnung zur „Handreichung zur kirchlichen Bestattung in besonderen Fällen“ vom 20. Februar 1989 (ABl. S. 74) aufgefordert, für eine möglichst einheitliche Verfahrensweise innerhalb der Superintendenturen zu sorgen.
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24 ↑ Vgl. Kirchengesetz über die Kirchenmitgliedschaft, das kirchliche Meldewesen und den Schutz der Daten der Kirchenmitglieder vom 10. Januar 1976 (ABl. der EKD 1976, S. 289).
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25 ↑ Vgl. Evangelisches Gottesdienstbuch 1999.
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26 ↑ Vgl. Liturgische Handreichung „Gottesdienste zum ehrenamtlichen Dienst in der Kirche“, hrsg. von der Kirchenleitung der VELKD 2001.
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27 ↑ Vgl. Agende Bd. III der VELKD, Teil 3 – Die Beichte –, 2. aktualisierte Auflg., 1996; „Wie mein Leben wieder hell werden kann“ – Einladung zur Beichte –, VELKD 2002.
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28 ↑ § 53 Abs. 1 Nr. 1 StPO (Strafprozessordnung), § 383 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO (Zivilprozessordnung).
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29 ↑ Vgl. §§ 41, 42 PfG der VELKD (Rechtssammlung der ELKTh Nr. 400).
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30 ↑ Vgl. zum Datenschutz: Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG) – EKD vom 12. November 1993, geändert durch Kirchengesetz vom 7. November 2002 (ABl. 2003 S. 58 = Rechtssammlung der ELKTh Nr. 730).