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Geltungszeitraum von: 28.05.2002

Geltungszeitraum bis: 31.12.2009

Rahmenrichtlinien für die Konfirmandenzeit
und Konfirmation

Vom 28. Mai 2002

(ABl. ELKTh S. 181)

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1. Wahrnehmung der Situation

Die Begleitung der Konfirmandinnen und Konfirmanden in der Zeit der Vorbereitung auf die Konfirmation – Konfirmandenzeit – ist eingebettet in die gesamte Bemühung der Gemeinde, Heranwachsenden zu einem altersgemäßen Verstehen und Annehmen der Frohen Botschaft zu verhelfen und ihnen damit Orientierung für ihr weiteres Leben zu ermöglichen.
Wahrnehmung der Situation bedeutet,
  • die Lebenswirklichkeit der Konfirmand/innen ernst zu nehmen,
  • Ziele, Inhalte und Anforderungen auf diese Lebenswirklichkeit zu beziehen, ohne in der Selbstreflexion der Heranwachsenden aufzugehen,
  • die kirchliche und gesellschaftliche Situation zu bedenken, in der sich Eltern und Konfirmand/innen für die Konfirmation entscheiden.
Unsere Situation ist in weiten Teilen der Gesellschaft geprägt vom Abbruch christlicher Überlieferungs- und Lebenspraxis. Die atheistische Erziehung der Eltern und Großeltern der Konfirmand/innen wirkt vielfach nach.
Dem weitverbreiteten mangelnden Verständnis für Religion und Glaube steht jedoch auch eine Suche nach neuen religiösen Ausdrucksformen und neuer Spiritualität gegenüber. Diese orientiert sich aber nicht unbedingt an der christlichen Tradition.
Unsere Gesellschaft ist geprägt von zunehmender Individualisierung und damit einhergehender Entsolidarisierung. Die Konfirmand/innen wachsen in einer Welt auf, in der das Wertebewusstsein durch die Verwertbarkeit der Dinge am Markt bestimmt wird. Dies ist verbunden mit einer starken Orientierung an materiellem Besitz und Wohlstand. 10 Problematische Lebenserfahrungen wie Krankheit und Tod werden verdrängt oder können im extremen Fall in der Verarbeitung Formen des Okkultismus annehmen. 11 Wir haben damit zu rechnen, dass die Medien und der weltweite Informationsaustausch (z. B. Internet) einen großen Einfluss auf die Bewusstseins- und Wertebildungsprozesse der Konfirmand/innen ausüben.
12 Konfirmand/innen nehmen die Kirchgemeinde(n) vielmals nur als kleine Größe, als Minderheit wahr. 13 Die Gemeindeglieder, die im Gottesdienst zu erleben sind, gehören in vielen Fällen zum größten Teil der älteren Generation an. 14 Das Verhalten im Gottesdienst wird als passiv erlebt. 15 Somit ist Kirchgemeinde für Konfirmand/innen wenig attraktiv. 16 Konfirmand/innen haben es schwer, in einer traditionsgeleiteten Kirche ihren Platz zu finden und die Plausibilität des christlichen Glaubens für ihr Leben zu entdecken. 17 Konfirmand/innen erleben meist engagierte Pastorinnen und Pfarrer, die aber häufig als Einzelkämpfer agieren und darum nicht das ganze Leben der Gemeinde repräsentieren. 18 Ein Umbruch im Selbstverständnis der Kirche wird deutlich: Kirchgemeinden und Kirche als Ganzes suchen ihren Platz in der Gesellschaft, wagen dabei neue Aufbrüche und Wege, erleben dabei aber auch Resignation und Frustration. 19 Konfirmand/innen befinden sich in einer Lebensphase, die entwicklungspsychologisch bestimmt ist von körperlichen und geistigen Umbrüchen. 20 Damit stellen sie einerseits das Lebenskonzept der älteren Generation in Frage, andererseits suchen sie in dieser Altersphase nach Orientierung. 21 Konfirmand/innen wachsen in einer sich schnell verändernden Welt auf, die indirekt religiöse Deutungen der Wirklichkeit in den Medien, der Werbung, der Musik, im Film etc. anbietet, andererseits aber Fragen des persönlichen Glaubens in den intimen Bereich verweist. 22 Die Vielfalt der religiösen Deutungen führt oft zu einer „Patchwork-Religiosität“, deren einzelne Teile als austauschbar erlebt werden.
23 Die zusammenwachsende Welt (Globalisierung) ermöglicht immer mehr Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Kulturen. 24 Diese an und für sich positive Entwicklung geht aber auch mit der Gefahr der selektiven Auswahl und unkritischen Übernahme einher. 25 So können Konfirmand/innen mit religiösen Praktiken konfrontiert werden, die in Spannung oder sogar im Widerspruch zum christlichen Glauben stehen.
26 Die Konfirmation ist eine Station auf dem Lebensweg der Konfirmand/innen und ihrer Eltern. 27 Sie ist begleitet von der Rückschau auf das bisherige Leben, Wünschen und Hoffnungen, aber auch von Befürchtungen und Ängsten auf das Kommende.
28 Die Konfirmation wird sowohl als ein Fest für die Konfirmand/innen als auch ihrer Familien gefeiert. 29 Wir müssen damit rechnen, dass die Beweggründe der Konfirmand/innen und ihrer Familien, die Konfirmation anzustreben, sehr vielfältig sein können. 30 Die Verkündigung der Frohen Botschaft und die Einladung zu einem verbindlichen Leben mit der Gemeinde nehmen diese vielfältigen Beweggründe angemessen mit auf.
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2. Auftrag und Ziel von Konfirmandenzeit und Konfirmation

Die Konfirmandenzeit will Beziehungen eröffnen. Jugendliche, die heute zunehmend auch aus nicht-kirchlichen Kontexten kommen, begegnen als Konfirmand/innen den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen der Kirche. In der Kirchgemeinde (oder Regionalgemeinde) lernen sie innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens christlich geprägte Menschen und deren biblisch-theologische und geschichtlich gewachsene Lebensbegründung kennen. Sie erleben, was es heißen kann, die Welt christlich zu sehen und ihr auch so zu begegnen.
Arbeit mit Konfirmand/innen ist somit als Bildungsgeschehen in der Verantwortung von Gemeinde und Kirche zu verstehen (Siehe auch Kapitel 7 der Rahmenrichtlinien). Sie findet ihre Begründung im biblischen Missionsbefehl. Wenn die Kirche Menschen tauft, weiß sie sich auch zur Lehre und seelsorglichen Begleitung verpflichtet.
Konfirmand/in ist, wer für die Konfirmandenzeit den jeweils geltenden Rahmenbedingungen entsprechend angemeldet ist. Die Konfirmandenzeit endet mit dem Konfirmationsgottesdienst.
10 Innerhalb dieser Zeit sollen die Konfirmand/innen bei ihrer altersgemäßen Suche nach tragfähigen Lebenswegen und -werten dem Evangelium als befreiender Botschaft und orientierendem Angebot begegnen. 11 In der schwierigen Lebensphase des Erwachsenwerdens erfahren sie Begleitung, Anleitung und Ermutigung. 12 Sie lernen eigene Standpunkte zu vertreten, sowie Verantwortung in ihren Lebensbereichen wahrzunehmen.
13 Die Konfirmandenzeit steht unter der Verheißung und Zusage der Gegenwart des Herrn der Kirche. 14 Erfahrbar wird sie etwa in der gleichberechtigten Gemeinschaft aller in der Konfirmandengruppe sowie darin, dass die Konfirmand/innen in der Kirchgemeinde Annahme und zugleich die nötige Freiheit finden, Glauben in jugendgemäßen Formen zu erproben.
15 Die Taufe ist heute keine unbedingte Voraussetzung mehr für die Teilnahme an der Konfirmandenzeit, wohl aber für die Konfirmation. 16 Wenn die Taufe noch aussteht, wird sie möglichst während, sonst mit dem Ende der Konfirmandenzeit gefeiert. 17 Die Taufe im Konfirmationsgottesdienst erübrigt die Konfirmation. 18 (Siehe auch Kapitel 8 der Rahmenrichtlinien) Sind Jugendliche noch nicht durch frühere Hinführung zum Abendmahl zugelassen, feiern sie innerhalb der Konfirmandenzeit das erste Abendmahl. 19 (Siehe auch Kapitel 8 der Rahmenrichtlinien)
20 Im Konfirmationsgottesdienst bringen die Konfirmand/innen – einer Momentaufnahme gleich – ihr Verhältnis zu Glauben und Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche alters- und biografiegemäß zum Ausdruck. 21 Sie hören und spüren Gottes Mut machenden und bewahrenden Segen in Handauflegung, Segenszuspruch und ihrem persönlichen Konfirmationsspruch.
22 Die Kirchgemeinde spricht die Einladung an die Konfirmierten aus, weiter in und mit der Gemeinde gemeinsame Wege zu gehen.
23 Die Feier der Konfirmation lebt neben den theologischen Begründungen auch aus nichttheologischen Motiven, wie z. B. der Feier des Familienfestes oder des Festes im Übergang zum Erwachsenenalter. 24 Diese Motive stehen zwar nicht im Vordergrund, werden aber reflektiert und angemessen in die Gestaltung des Konfirmationsgottesdienstes mit eingehen.
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3. Konzeption

Die Arbeit mit Konfirmand/innen, die Konfirmandenzeit braucht eine Konzeption. Sie ist Bestandteil einer Gesamtkonzeption der gemeindlichen bzw. regionalen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Zu einer Konzeption gehört ein bestimmtes Maß an Nachdenken (Reflexion) und Auslegung/Erklärung (Explikation), um sie für Beteiligte und Außenstehende, für (mögliche) Interessent/innen oder Unterstützende wahrnehmbar, bewertbar und verhandelbar zu machen. Sie ist Grundlage für eine gemeinsam gestaltete Praxis. Eine Konzeption zu erstellen, braucht Zeit und manchmal auch die Kompetenz anderer.
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4. Beteiligte und Verantwortliche

Eine an der Lebenswelt Heranwachsender orientierte Konfirmandenzeit begleitet die Jugendlichen auf dem Weg ihrer Selbstfindung und eröffnet die persönliche Auseinandersetzung mit dem Glauben.
Die Konfirmand/innen werden aktiv an der Planung und Gestaltung der Konfirmandenzeit beteiligt. So können ihre Fragen und Themen aufgegriffen, zur Sprache gebracht und mit dem Glauben in Beziehung gesetzt werden.
Der Gemeindekirchenrat als Leitungsgremium einer Kirchgemeinde ist verantwortlich für die Konfirmandenzeit. Er berät und entscheidet über die Konzeption.
Pastorinnen und Pfarrer gemeinsam mit gemeindepädagogischen Mitarbeiter/innen sind für die praktische Durchführung zuständig.
Ehrenamtlich mitarbeitende Jugendliche und Erwachsene werden von den Pastorinnen, Pfarrern und gemeindepädagogischen Mitarbeiter/innen in die Arbeit mit Konfirmand/innen einbezogen. Sie bilden zusammen ein Team, in dem die Verantwortlichkeiten verteilt werden.
Der Gemeindekirchenrat (evtl. ein Ausschuss für Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Gemeinde) und die hauptamtlichen Mitarbeiter/innen tragen Sorge für Unterstützung, Schulung und Fortbildung der Ehrenamtlichen, die sich für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt haben.
10 Die Ortsgemeinde oder die Region ist der Ort, an der die Konfirmandenzeit stattfindet. 11 Die altersgemäße Begleitung der Konfirmand/innen ist ebenso wichtig wie die Begegnung mit Menschen aus der Gemeinde und das Bearbeiten von Themen und Inhalten.
12 Die Jugendarbeit gestaltet die Konfirmandenzeit mit den ihr eigenen Elementen mit. 13 Dies kann u. a. geschehen durch ansprechende inhaltliche oder gestalterische Angebote während der Konfirmandenzeit, durch eine Beteiligung von Jugendlichen im Team der Mitarbeitenden und durch Begegnung mit laufenden Angeboten für Jugendliche in der Gemeinde oder in der Region. 14 Auf diese Weise bringt die Jugendarbeit ihre Brückenfunktion zwischen der Konfirmandenzeit und der Gemeinde zum Tragen.
15 Die Eltern und Paten der Konfirmand/innen unterstützen die Konfirmandenarbeit. 16 Sie werden bei Elternabenden in die Planung der praktischen Durchführung einbezogen und mit den Themen der Konfirmandenzeit vertraut gemacht.
17 Eine eigene, die Konfirmandenzeit begleitende inhaltliche Arbeit mit Eltern und Paten kann einen neuen oder vertiefenden Zugang zu Kirche und Glaubensthemen schaffen.
18 Kontakte mit Religionslehrer/innen tragen zum Gelingen der Konfirmandenzeit bei. 19 Themen der schulischen Lehrpläne und Inhalte des Religionsunterrichts können die Themen und Inhalte der Konfirmandenzeit tangieren. Eine rechtzeitige Absprache und ggf. Koordination sind deshalb wichtig.
20 Fortbildungsstätten sind selber Subjekt im Prozess der Konfirmandenzeit. 21 Hierzu zählen das Pädagogisch-Theologische Zentrum, das Pastoralkolleg, das Predigerseminar und die Fortbildungsstätte der Evangelischen Jugend „Neulandhaus“. 22 In regionalen und zentralen Fortbildungen können die Verantwortlichen in der Arbeit mit Konfirmand/innen ihre methodische und kommunikative Kompetenz weiter entwickeln. 23 Sie üben dabei auch ein, die sich immer schneller ändernden Faktoren der Lebenswelt der Jugendlichen und die Jugendkulturen verständnisvoll wahrzunehmen und darauf zu reagieren.
24 Das PTZ vermittelt und organisiert darüber hinaus Möglichkeiten des Austauschs und der kollegialen Beratung in der Region.
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5. Perspektivwechsel

Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind die Jugendlichen. Beteiligte an der Konfirmandenzeit müssen lernen, mit den Augen der Jugendlichen zu sehen. Sie müssen die religiöse Produktivität und Kreativität der Jugendlichen herausfordern können. Zielsetzungen, Anforderungen und Inhalte der Konfirmandenarbeit müssen von der Lebenswirklichkeit, den Erfahrungswelten sowie den Entwicklungsaufgaben der Jugendlichen her gedacht werden. Dazu bedarf es zudem der Fähigkeit, die eigene Glaubens-, Lebens- und Arbeitsperspektive mit der der Jugendlichen in ein fruchtbares und konstruktives Verhältnis zu bringen.
Diesen Perspektivenwechsel immer wieder zu vollziehen bedeutet, die Jugendlichen aktiv im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Planung und Gestaltung der Konfirmandenzeit zu beteiligen. Sie sollen mit ihren aktuellen Lebensfragen und religiösen Themen zu Wort kommen und sie auf die Inhalte des Glaubens beziehen lernen.
Damit die Konfirmandenzeit im Sinne des Perspektivwechsels gelingen kann, ist es wichtig
  • die Konfirmand/innen mit ihren Fragen, Interessen, Anregungen und auch mit ihren Wider ständen als Partner/innen anzuerkennen,
  • Gruppenprozesse wahrzunehmen und zu gestalten (Aufgrund von Geschlecht, Entwicklung, Sozialisation und Bildung bringen die Jugendlichen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit. Unterschiedlichkeit und Beziehungen von Mädchen und Jungen spielen eine große Rolle.),
  • handlungsorientiert und erfahrungsbezogen zu arbeiten und
  • glaubwürdige Lehr- und Begleitpersonen zu sein.
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6. Integration

Eine besondere und noch zu lösende Aufgabe ist die Integration von Konfirmand/innen mit speziellen Bedürfnissen und die Integration von Konfirmand/innen in besonderen Lebenssituationen.
Hier ist an die bewusste Einbeziehung von Jugendlichen mit z. B. Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwierigkeiten, den vielfältigen Formen der Behinderung (von schwerhörig, über seeschwach bis körperlich oder geistig behindert) und Jugendlichen in besonderen Lebenssituationen, wie z. B. aus Aussiedlerfamilien, gedacht.
In diesen Zusammenhang gehört auch noch die zu bedenkende Aufgabe in bestimmten Gruppenkonstellationen, zu bestimmten Zeiten oder bei bestimmten Themen eine geschlechtsbezogene Arbeit (Trennung in Mädchen- und Jungengruppen) zu überlegen und ggf. zu bevorzugen.
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7. Inhalte und Themen

Einzelne Themen werden hier bewusst nicht vorgegeben. Die für die Konfirmandenzeit auszuwählenden Themen und Inhalte sollen in der Perspektive der „Kommunikation des Glaubens“ (Ernst Lange) gesehen werden. Es geht also um Dialogfähigkeit in Fragen des christlichen Glaubens und Annahme des christlichen Glaubens. Hiermit wird im Sinne des konfirmierenden Handelns lebenslanges Lernen vorbereitet.
Vier Säulen der Bildung, aus denen sich gleichsam vier Lerndimensionen ergeben, sind wichtig:
Das Lernen, wie man lernt (learning to know), soll helfen, sich angesichts der Fülle von verfügbarem Wissen ein eigenes Instrumentarium zur Wissensaneignung zu erarbeiten.
Für das lebenslange Lernen in der Gemeinde hieße dies, sich mit biblischen Texten exemplarisch auseinander zu setzen. Dabei ist nach deren Überlieferung zu fragen und die jeweils aktuelle Situation in Bezug dazu zu setzen. Fragen des Lebens und Aussagen biblischer Texte werden miteinander ins Gespräch gebracht, mögliche Lösungen auf ihre gegenwärtige und zukünftige Tragfähigkeit hin untersucht.
Das Lernen zu handeln (learning to do), zielt auf den Erwerb von Schlüsselqualifikationen und Lebenstechniken.
10 Im Blick auf die Konfirmandenzeit bedeutet dies zunächst, Praktiken und Fertigkeiten zu erwerben, die zur Praxis des christlichen Glaubens gehören, wie Umgang mit der Bibel, Feiern des Gottesdienstes, Gebet, Stille, Meditation etc. Darüber hinaus geht es auch um Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Problemlösungskompetenz. 11 Diese wichtigen Lebenstechniken gilt es gerade im Licht des Evangeliums und in der Gemeinschaft Glaubender zu erlernen.
12 Das Lernen des Zusammenlebens (learning to live together) zielt auf die Verständigung mit anderen, vor allem mit der nicht christlichen Mehrheit der Bevölkerung und den Mitbürgern anderer Kulturen und Religionen.
13 Es übt ein in die Fähigkeit, als Christ in einer pluralen Welt mit anderen nach gemeinsamen Lösungen für die großen Fragen der Zeit zu suchen und verbindet den Prozess der Konfirmandenzeit mit dem konziliaren Prozess "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung".
14 Das Lernen, selbst zu sein (learning to be), zielt darauf, dass der Einzelne sich in seiner Individualität in Beziehung zu anderen und zu Gott verstehen lernt.
15 Hier geht es darum, den christlichen Glauben als Ermutigung zum Sein zu verstehen und die Balance von Selbstwertschätzung und Verantwortung, von Selbstsorge und Fremdsorge gelingen zu lassen.
16 Diese Komponente der Stärkung des Individuums darf in der kirchlichen Bildungsarbeit nicht zugunsten des Gemeinschaftserlebnisses vernachlässigt werden.
17 Die Inhalte der Konfirmandenarbeit werden diesen Lerndimensionen folgend exemplarisch ausgewählt. 18 Luthers kleiner Katechismus mit seinen fünf Hauptstücken wird immer wieder in Beziehung zu den einzelnen Inhalten und Themen zu setzen sein.
19 Konfirmand/innen werden als wichtigste Partner in diesem Lern- und Lebensprozess mit ihren Fragen, Zweifeln, Wünschen und Enttäuschungen die Themenwahl mitgestalten.
20 Auf dem Markt vorhandene gute Modelle und Praxisanregungen erleichtern den Praktiker/innen die Arbeit. 21 Das PTZ wird entsprechende Anregungen, Empfehlungen und auch Hilfen erarbeiten.
22 Eine zu entwickelnde Jahresplanung sollte diese vier Lerndimensionen aufnehmen und entfalten.
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8. Taufe und Abendmahl

In der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen können getaufte Kinder nach entsprechender Unterweisung am Abendmahl teilnehmen. Die Konfirmation sollte deshalb nur in Ausnahmefällen das Datum der ersten Teilnahme am Abendmahl sein (Siehe Amtsblatt vom 04.01.1982, Anlage).
Die theologische Begründung für eine Teilnahme am Abendmahl ist die Taufe. Gehören Nichtgetaufte zur Konfirmandengruppe bietet es sich an, zum Abendmahl hinführende Feiern zu gestalten, z. B. Passah-Mahl (2. Mo 12), Agape-Mahl (Lk 19, 1-10, Zachäus), Nachfolge-Mahl (Mk 2, 14-17 a, Levi), ein Diakonisches-Mahl oder auch „nur“ gemeinsam eingenommene festliche Mahlzeiten.
Von daher ist es ratsam, wenn Ungetaufte in der Konfirmandengruppe sind, die Taufe rechtzeitig, spätestens jedoch in der Mitte der Konfirmandenzeit erlebnis- und erfahrungsorientiert zu thematisieren. Am Ende der Beschäftigungen mit dem Thema steht dann die gemeinsame Besinnung über den Zeitpunkt und die Gestaltung der Tauffeier.
Ein erstes gemeinsames Abendmahl kann dann auch im Zusammenhang mit der Taufe gefeiert werden.
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9. Rahmenbedingungen

Für die Teilnahme an der Konfirmandenzeit ist eine Anmeldung durch die Erziehungsberechtigten im zuständigen Pfarramt nötig.
Im Zusammenhang mit der Anmeldung werden zwischen der/dem für die Durchführung der Konfirmandenzeit zuständigen Pastorin/Pfarrer, den Erziehungsberechtigten und der Konfirmandin/dem Konfirmanden Verbindlichkeiten und Freiräume transparent gemacht und entsprechende Absprachen getroffen. Gegenseitige Erwartungen und Wünsche werden diskutiert und führen zu konkreten Vereinbarungen. Ziel ist es, dass alle Beteiligten wissen, was sie voneinander zu Recht erwarten können und was nicht. Eine solche Haltung der gegenseitigen Wertschätzung birgt die Chance, dass sich bei allen Beteiligten ein verantwortliches und kooperatives Verhalten einstellt.
Themen und Inhalte der Absprachen sind z. B. die terminliche und organisatorische Abfolge der Konfirmandenzeit, die Teilnahme an den Veranstaltungen, Gottesdienstbesuche, Themen, Projekte, Praktika, Rüstzeiten und die Zulassung zur Konfirmation.
Die Teilnahme an der Konfirmandenzeit ist nicht an Voraussetzungen gebunden (z. B. Teilnahme an gemeindlicher Arbeit mit Kindern, Christenlehre oder Religionsunterricht). Solche Vorbedingungen sind auch im Blick auf Ungetaufte oder der Kirche fernstehende Jugendliche, die an der Konfirmandenzeit teilhaben möchten, nicht sinnvoll.
Die Größe einer Konfirmandengruppe sollte mindestens 8 Jugendliche betragen. 10 Kann diese Gruppengröße innerhalb einer Gemeinde, eines Kirchspiels nicht zustande kommen, ist die Zusammenarbeit in der Region anzustreben.
11 Die Konfirmandenzeit umfasst einen Zeitraum von 80 Stunden und zwei dreitägigen Rüstzeiten. 12 Somit soll ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Begleitung und zum miteinander Leben und Lernen, aber auch zum Miterleben der verschiedenen Feste und Lebensformen des Kirchenjahres gegeben sein.
13 Die Verteilung oder Bündelung der Stunden obliegt der Entscheidung im Gemeindekirchenrat.
14 Die Konfirmandenzeit liegt in der Regel in der 7. und 8. Klasse. 15 Das Konfirmationsalter liegt in der Regel zwischen dem 13. und 15. Lebensjahr der Jugendlichen.
16 Der Konfirmationstermin liegt ausschließlich zwischen Ostern und Trinitatis.
17 Eine etwaige Zurückstellung von der Konfirmation kann sich z. B. aus dem Nichteinhalten der anfänglich gemeinsam getroffenen Verabredungen ergeben. 18 Hier ist vor einer Entscheidung im Gemeindekirchenrat das Gespräch mit der/dem Jugendlichen und/oder seinen Erziehungsberechtigten zu suchen. 19 So keine Entscheidung herbeigeführt werden kann, ist die Superintendentin, der Superintendent hinzuzuziehen.
20 Die zuständigen Kirchgemeinden stellen geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung und sind für die Bereitstellung ausreichender Finanzmittel sowohl für die Arbeit mit Konfirmand/innen als auch für die Fortbildung der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden verantwortlich.
21 Eine finanzielle Beteiligung der Erziehungsberechtigten an den direkten Kosten der Konfirmandenzeit ist zumutbar.
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10. Organisations- und Gestaltungsformen

Organisations- und Gestaltungsformen können nur vor Ort entschieden und verantwortet werden. Sie sollten aber den Prozesscharakter der Konfirmandenzeit berücksichtigen und ermöglichen. Alternative Modelle zum wöchentlichen Unterricht und Kombinationen der Organisations- und Gestaltungsformen sind zu erproben.
Wöchentliche Treffen
Diese Organisationsform ermöglicht regelmäßige und häufige Treffen. Prozesse gemeinsamer Arbeit kommen hierbei jedoch nur schwer in Gang, gemeinsames Leben lässt sich kaum praktizieren und für Freizeitgestaltungen ist wenig Gelegenheit vorhanden.
Blockstunden
Blockstunden ermöglichen auch noch eine gewisse Regelmäßigkeit, bieten aber schon mehr gestalterische und methodische Möglichkeiten.
Konfirmandennachmittage/Konfirmandentage
Konfirmandennachmittage und/oder Konfirmandentage an Wochenenden/in den Ferien bieten die Möglichkeit, an einem Thema mit unterschiedlichen Methoden intensiv zu arbeiten, verschiedene Sozialformen und liturgische Elemente zu erproben und gemeinsames Leben zu gestalten.
Das Einbeziehen von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen und Eltern für inhaltliche und organisatorische Aufgaben ist unkomplizierter.
Die Motivation der Konfirmand/innen wird größer sein, da nicht ein voller Schultag hinter ihnen liegt und die Zahl der Veranstaltungen überschaubar ist.
Auch die Zusammenlegung von Konfirmandengruppen mehrerer Pfarrämter ist leichter zu organisieren als bei einzelnen Wochenstunden.
An Konfirmandentagen können Exkursionen (z. B. Besuch einer aktuellen Ausstellung, Besichtigungen von kirchengeschichtlich wichtigen Stätten usw.) durchgeführt werden. Sie bereichern die Konfirmandenzeit und lockern sie auf.
Ebenso sind bei dieser Organisationsform unterschiedliche Aktionen möglich, wie z. B. ein Besuch in einer Alten- oder Behinderteneinrichtung.
Mischformen von Wochenstunden und Konfirmandennachmittagen bzw. -tagen sind denkbar.
Projekte
Projekte fördern besonders die eigenständige Arbeit der Konfirmand/innen. Pastorinnen/Pfarrer fungieren dabei als Koordinator/innen und Ansprechpartner/innen. In Projekten liegt die Chance, mit Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche Kontakt aufzunehmen und zusammen zu arbeiten. Eine Auswertung in Form einer Dokumentation ermöglicht die Darstellung des Erarbeiteten für die Konfirmandengruppe oder auch die ganze Gemeinde.
Praktika
In Praktika lernen die Konfirmand/innen unterschiedliche Lebensäußerungen der Gemeinde kennen. Dabei setzen sich die Jugendlichen mit Aussagen des christlichen Glaubens in bestimmten Lebensbereichen auseinander. Für eine gelingende Durchführung müssen vor Beginn klare Absprachen mit allen Beteiligten des Praktikums getroffen werden. Am Ende steht eine Auswertung, die möglichst in einem breiten Rahmen veröffentlicht wird.
Rüstzeiten
In der Konfirmandenzeit sollen in der Regel zwei dreitägige Rüstzeiten stattfinden. Sie dienen der Erfahrung gemeinsamen Lebens, Lernens und der Einübung christlicher Lebensformen, wie z. B. gemeinsam gestalteter Gottesdienste, täglichen Andachten, Vorbereitung und Durchführung von Mahlfeiern.
Regionale und überregionale Höhepunkte
Finden regionale oder überregionale Jugendtreffen statt, sollte eine gemeinsame Teilnahme der Konfirmandengruppe ermöglicht werden.
Aktionen, Erkundungen, Meditationen, Präsentationen erweitern die Handlungsspielräume und bestimmen die Organisationsformen mit.
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11. Zweiphasiges Modell der Konfirmandenzeit (KU/3 bzw. KU/4) –
Vorverlagerung der Konfirmandenzeit in das Grundschulalter

Immer wieder werden das kritische Alter der Konfirmand/innen in der 7. und 8. Klasse angefragt, die „Demotivation“ der Jugendlichen in diesem Alter beklagt oder auch die Schwierigkeiten der pädagogisch Handelnden mit dieser Altersgruppe benannt.
Schon seit längerem gibt es Modelle, Teile der Konfirmandenzeit in das Grundschulalter vorzuverlagern. Sie sind im Bereich der westlichen Landeskirchen entwickelt worden, wo die Erstbegegnung mit Kirche, vor allem aber mit einem gemeindlichen Bildungsprozess erst in der Konfirmandenzeit stattfindet. Michael Meyer-Blanck hat vorgeschlagen, die Konfirmandenzeit mit Kindern der vierten Klasse zu beginnen, sie im Jugendalter (8. Schuljahr) fortzusetzen und in die Konfirmandenzeit Kinder, Eltern und Ehrenamtliche einzubeziehen. In der württembergischen Landeskirche wurde dieses Anliegen in den 2001 verabschiedeten „Rahmenrichtlinien für die Konfirmandenarbeit“ aufgenommen und ein eigens für diese Landeskirche entwickeltes Modell (KU/3) zur Erprobung freigegeben.
Auch für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen ist es eine Chance, einen neu aufzubauenden gemeindlichen Erziehungs- und Unterweisungskurs für etwa 8 bis 10-jährige Kinder einzurichten. Sein Hauptziel könnte die vorbereitete Abendmahlszulassung im Verlauf dieses Lebensabschnitts sein.
Zudem könnte eine stärkere Verknüpfung der Konfirmandenzeit mit der gemeindlichen Arbeit mit Kindern, z. B. der Christenlehre verfolgt werden. Die schon immer in der Christenlehre geübte Beschäftigung mit der biblischen Abendmahlsüberlieferung sowie die Praxis von Agapefeiern in Kindergruppen und Familiengottesdiensten wären gute Anknüpfungspunkte dafür.
10 Eine Vernetzung der Arbeit mit Konfirmand/innen und der Arbeit mit Kindern in der Gemeinde (Christenlehre), eventuell auch dem Religionsunterricht, könnte so noch besser gelingen.
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12. Gottesdienste während der Konfirmandenzeit

Der Einführungsgottesdienst
Zu Beginn der Konfirmandenzeit werden die Konfirmand/innen und die an der Gestaltung der gemeinsamen Zeit beteiligten Mitarbeiter/innen der Gemeinde in einem Gottesdienst vorgestellt. In diesem „Einführungsgottesdienst“ machen sich die Gemeinde und die Konfirmand/innen gegenseitig bekannt. Es wird um den Segen Gottes für die gemeinsame Konfirmandenzeit gebeten.
Der regelmäßige Gottesdienst während der Konfirmandenzeit
Im Verlauf der Konfirmandenzeit sollen die Konfirmand/innen mit den Gottesdiensttraditionen unserer Kirche und ihrer eigenen Gemeinde vertraut werden und in sie hineinwachsen. Sie erleben die traditionellen Formen des Sonntagsgottesdienstes und fragen nach ihrer Entstehung und Bedeutung. Die Konfirmand/innen nehmen aber nicht nur an den Gottesdiensten teil, sondern bereiten diese punktuell auch mit vor und gestalten sie mit.
Um liturgische Formen kennen zu lernen und eigene Spiritualität zu entdecken, bieten sich Andachten und Gottesdienste in der Konfirmandengruppe an.
Der Vorstellungsgottesdienst
Zum Abschluss der Konfirmandenzeit, vor der Konfirmation, findet eine öffentliche Darstellung mit Ergebnissen aus der Konfirmandenzeit statt. Hier haben die Konfirmand/innen Gelegenheit, ihr eigenes Verhältnis zum christlichen Glauben auszudrücken und auch gemeinsam Gelerntes wiederzugeben.
Kreative Formen sind dabei zu bevorzugen. In der Regel wird es ein Gottesdienst sein, den die Konfirmand/innen gemeinsam erarbeiten und gestalten. Denkbar ist aber auch ein Gemeindeabend, in dem der christliche Glaube von Eltern, Paten, einzelnen Gemeindegliedern bzw. der Gemeinde zum Ausdruck kommt und in Bezug zum Bekenntnis der Konfirmand/innen gesetzt wird. Ebenfalls vorstellbar ist ein „Begegnungstag“ zwischen Konfirmandengruppe und Gemeinde. Hier können von den Konfirmanden/innen eigene Beiträge aus der Konfirmandenzeit eingebracht werden und man kann miteinander ins Gespräch kommen.
Neben den Kirchenältesten und der Gemeinde sind die Eltern, die Paten und die Familien der Konfirmand/innen in besonderer Weise zu dieser Veranstaltung einzuladen.
Wenn es im Einzelfall in einer Kirchgemeinde noch Befragungen oder Abschlussprüfungen gibt, finden diese innerhalb der Konfirmandengruppe statt. 10 Jeder Anklang an eine öffentliche Prüfung oder an ein öffentliches Examen sollte vermieden werden.
Feier der Versöhnung – Beichte
Ein „Beichtgottesdienst“ am Vorabend der Konfirmation wird ein Gewinn für die Konfirmand/innen und die versammelte Gottesdienstgemeinde sein, da das Thema Beichte während der Konfirmandenzeit erarbeitet worden ist.
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13. Der Konfirmationsgottesdienst

Der Konfirmationsgottesdienst soll in erster Linie ein festlicher Gottesdienst der Gemeinde für die Konfirmand/innen und ihre Familien sein. Die Konfirmand/innen stehen im Mittelpunkt. Daran richtet sich die gesamte Gestaltung des Gottesdienstes aus. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Segenshandlung (Handauflegung, Segenszuspruch, Konfirmationsspruch) und auf der Fürbitte der Gemeinde für ihre Konfirmand/innen.
In der Kindertaufe haben Eltern und Paten an Stelle der Konfirmanden und Konfirmandinnen das Glaubensbekenntnis gesprochen. Nun stimmen die Jugendlichen in das Bekenntnis der Kirche ein. Damit kommt zum Ausdruck, dass sie selbstverantwortlich ihr Leben im christlichen Glauben gestalten wollen.
Der Gottesdienst wird von Gottes Nähe und Beistand reden und einladend entfalten, was der in der Taufe begründete Segen für ein Leben bedeuten kann. Der Zuspruch eines für jeden Konfirmanden und jede Konfirmandin bestimmten Bibelwortes bekräftigt die Segenshandlung.
10 Eine aktive Beteiligung von Eltern und Kirchenältesten an der Gestaltung des Gottesdienstes ist wünschenswert. 11 So kann deutlich werden, dass die Konfirmation ein Fest der Gemeinde und der Familien für die Konfirmand/innen ist.
12 Bei all dem ist es jedoch wichtig, eine Überfrachtung (inhaltlich, zeitlich) des Konfirmationsgottesdienstes unbedingt zu vermeiden.
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14. Kirchliche Rechte

Mit der Konfirmation werden die Konfirmierten öffentlich eingeladen, von nun an in eigener/selbstständiger Verantwortung am Abendmahl teilzunehmen. Sie können das Patenamt und später andere kirchliche Ämter (z. B. das der Kirchenältesten) übernehmen.