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Geltungszeitraum von: 01.07.1959

Geltungszeitraum bis: 31.12.2011

Gesetz über den Vollzug von Amtshandlungen
durch nicht zuständige Pfarrer (Dimissorialegesetz)

Vom 6. Mai 1959

(ABl. ELKTh S. 122)

Aufgrund von § 45 Abs. 3 Satz 3 der Verfassung hat die Synode folgendes Gesetz beschlossen:
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§ 1

Jedes Gemeindeglied ist durch die Ordnung der Kirche für seine geistliche Versorgung an einen bestimmten Pfarrer gewiesen. Wenn das Gemeindeglied für sich oder die von ihm vertretenen Familienangehörigen eine Amtshandlung bei einem anderen als diesen zuständigen Pfarrer begehrt, muss es sich bei dem zuständigen Pfarrer abmelden und ihm anzeigen, welcher Pfarrer oder welches Pfarramt um die Amtshandlung gebeten werden soll.
Als Amtshandlung im Sinne des Absatzes 1 gilt neben Taufe, Trauung und kirchlicher Bestattung auch die Konfirmation, und zwar auch dann, wenn es sich um die Teilnahme an der allgemeinen Konfirmation in der Gemeinde des nicht zuständigen Pfarrers handelt. Für die Zulassung zum Konfirmandenunterricht bedarf es gleichfalls der Abmeldung beim zuständigen Pfarrer durch die Erziehungsberechtigten.
Für die Trauung ist jeder Pfarrer zuständig, in dessen Pfarrbezirk einer der beiden Ehegatten wohnt. Wird die Trauung bei einem danach zuständigen Pfarrer begehrt, bedarf es keines Dimissoriales; jedoch hat der Ehegatte, der einer anderen evangelischen Kirche oder Kirchgemeinde angehört, vor der Trauung eine Bescheinigung seines zuständigen Pfarrers über seine Kirchenzugehörigkeit beizubringen. In dieser Bescheinigung hat der zuständige Pfarrer etwa vorliegende Tatbestände anzugeben, aufgrund deren der um die Trauung ersuchte Pfarrer die Zulässigkeit dieser Amtshandlung besonders prüfen hat.
Soll die Trauung durch einen Pfarrer vorgenommen werden, der für keinen der Ehegatten zuständig ist, habe beide ein Dimissoriale vorzulegen.
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§ 2

Der zuständige Pfarrer hat dem sich abmeldeten Gemeindeglied einen Abmeldeschein (Dimissoriale) auszustellen, aus dem hervorgeht, für welche Amtshandlung und zum Vollzug durch welchen Pfarrer oder welches Pfarramt er erteilt wird.
Der Abmeldeschein darf nicht versagt werden. Jedoch hat der zuständige Pfarrer den Pfarrer oder das Pfarramt, bei dem die Amtshandlung begehrt wird, alsbald zu unterrichten, wenn Umstände vorliegen, die ihm die Gewährung der Amtshandlung zweifelhaft erscheinen lassen. Dem Gemeindeglied ist zu eröffnen, welche Bedenken dem anderen Pfarrer oder Pfarramt mitgeteilt werden. In den Abmeldeschein ist ein Hinweis auf diese besonders eingehende Benachrichtigung aufzunehmen.
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§ 3

Der nicht zuständige Pfarrer darf die begehrte Amtshandlung nur vornehmen, wenn ihm zuvor der Abmeldeschein des zuständigen Pfarrers vorgelegt wurde.
Er ist nicht verpflichtet, die Amtshandlung zu übernehmen. Er wird sie nicht übernehmen, wenn seine Inanspruchnahme offensichtlich nur erfolgt, um den zuständigen Pfarrer herabzusetzen. Er sollte sie nicht ablehnen, wenn der zuständige Pfarrer keine Bedenken geäußert hat und besondere Umstände dafür sprechen, dass die Amtshandlung in seinem Amtsbereich stattfindet. Er wird sie in Sonderheit nicht ablehnen, wenn das Gemeindeglied sich auch sonst zu seinen Gottesdiensten hält.
Bestattungsfeiern für seine Gemeindeglieder auch außerhalb des heimatlichen Pfarrbezirks zu halten, ist grundsätzlich Sache des zuständigen Pfarrers. Die Pfarrer der Kirchengemeinde am auswärtigen Beerdigungs- oder Einäscherungsort sollten jedoch bereit sein, die Amtshandlung zu übernehmen, wenn die Reise des zuständigen Pfarrers dorthin zu umständlich oder zu kostspielig ist.
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§ 4

Auch Amtshandlungen in Kliniken-, Heil- und Pflegestätten und anderen Anstalten dürfen nach den für den Dienst in diesen Anstalten bestellten Pfarrer erst nach Beibringung des Dimissoriales vorgenommen werden.
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§ 5

Hat der zuständige Pfarrer die Amtshandlung verweigert, darf ein anderer Pfarrer sie nur mit Zustimmung seines Superintendenten vollziehen. Hat ein Superintendent eine Amtshandlung verweigert oder die Verweigerung einer Amtshandlung bestätigt, so ist die Übernahme durch einen anderen Pfarrer nur nach Entscheidung des Landeskirchenrats zulässig.
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§ 6

Keines Dimissoriales bedarf es, wenn der zuständige Pfarrer selbst im Einvernehmen mit den Beteiligten einen nicht zuständigen Pfarrer ersucht, an seiner Stelle die Amtshandlung zu vollziehen.
Wo es wegen besonderer örtlicher Bedingungen üblich ist, dass Kinder aus einem bestimmten Teilbereich einer Kirchgemeinde, etwa aus einer eingepfarrten Ortschaft in der günstiger gelegenen Nachbarkirchgemeinschaft konfirmiert werden, bedarf es auch dazu keine Dimissoriales. Der Pfarrer der Nachbargemeinde handelt in diesem Falle im unmittelbaren Einvernehmen mit dem zuständigen Pfarrer als dessen Vertreter.
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§ 7

Will ein Pfarrer in einem anderen als seinem eigenen Pfarrbezirk tätig werden, so bedarf er für die Bestimmung der Kirche oder sonstigen kirchlichen Einrichtung der Zustimmung des dort zuständigen Pfarrers. Diese Zustimmung soll in der Regel nicht verweigert werden, insbesondere dann nicht, wenn die Gemeindeglieder, für die die Amtshandlung begehrt wird, persönliche Bindungen an diese Kirche haben und der zuständige Pfarrer die Amtshandlung nicht für unzulässig hält. Von einer etwaigen Verweigerung einer Zustimmung hat der zuständige Pfarrer den Gemeindekirchenrat zu hören.
Die Zeit vereinbaren die Beteiligten unter gegenseitigem Entgegenkommen so, dass geplante eigene Veranstaltungen der Kirchgemeinde nicht behindert werden.
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§ 8

Die Gebühren für Amtshandlungen durch nicht zuständige Pfarrer werden grundsätzlich nach der Gebührenordnung der Kirchgemeinde erhoben, in deren Bezirk sie stattfinden, und stehen dieser Kirchgemeinde zu. Die Beteiligten können im Einzelfall etwas anderes vereinbaren, namentlich wenn aus den Gebühren Vergütungen für Mitwirkende zu bezahlen sind.
Entsprechendes gilt für etwaige bei der Amtshandlung gesammelte Kollekten.
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§ 9

Nach vollzogener Amtshandlung hat der nicht zuständige Pfarrer, falls sie nicht in seinem eigenen Pfarrbezirk stattgefunden hat, die notwendigen Angaben für die Eintragung in das Kirchenbuch dem Pfarramt derjenigen Kirchgemeinde zu übermitteln, in deren Kirchenbuch sie aufzunehmen sind.
Der zuständige Pfarrer ist auch dann zu benachrichtigen, wenn die Amtshandlung nicht in ein Kirchenbuch seines Pfarrbezirks einzutragen ist.
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§ 10

In Kirchgemeinden mit mehreren Pfarrstellen kann der Gemeindekirchenrat beschließen, dass der Abmeldeschein durch eine unmittelbare Verständigung der Pfarrer ersetzt werden kann, wenn die Amtshandlung innerhalb der Kirchgemeinde durch den Pfarrer eines anderen Seelsorgebezirks oder Sprengels vollzogen werden soll. Der Beschluss ist nur gültig, wenn ihm die Mehrheit der Pfarrer zustimmt.
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§ 11

Unberührt bleibt die Bestimmung in § 45 Abs. 2 der Verfassung, wonach in Notfällen jeder Pfarrer zur Vornahme von Amtshandlungen verpflichtet ist, für die er an sich nicht zuständig ist.
Wieweit es in solchen Fällen möglich und notwendig ist, vorher den zuständigen Pfarrer zu benachrichtigen, ist nach den Umständen zu entscheiden. § 9 gilt auch in diesen Fällen, desgleichen § 8, wenn es nicht nach den Umständen geboten ist, von der Erhebung von Gebühren abzusehen.
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§ 12

Nicht anwendbar sind die Vorschriften über die Amtshandlungen auf die Aufnahme Übertretender und die Wiederaufnahme Ausgetretener in die Kirche. Wer auf diesem Wege in die Evangelisch-Lutherische Kirche in Thüringen einzutreten wünscht, kann grundsätzlich gemäß den Bestimmungen in Abschnitt XI der Ordnung des kirchlichen Lebens nur durch den Pfarrer der Kirchgemeinde aufgenommen werden, deren Gemeindeglied er durch die Aufnahme wird.
Ist der Eintrittswillige durch besondere Umstände, wie etwa durch Aufenthalt in einer auswärtigen Anstalt oder sonstige längere Abwesenheit von der Heimatgemeinde, verhindert, sich durch den zuständigen Pfarrer aufnehmen zu lassen, kann ausnahmsweise ein anderer Pfarrer die Aufnahme vornehmen, wenn seelsorgerische Erwägungen dagegen sprechen, sie bis zum Wegfall der Hinderungsgründe zu verschieben, und wenn der zuständige Pfarrer zustimmt. Die Zustimmung darf nur nach vorheriger Beratung mit dem Gemeindekirchenrat erteilt werden. Die Bestimmungen, wonach der Superintendent zu entscheiden hat, bleiben unberührt. Die vollzogene Aufnahme oder Wiederaufnahme ist unverzüglich dem zuständigen Pfarrer mitzuteilen.
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§ 13

Pfarrer im Sinne des Gesetzes ist jeder ordinierte Geistliche, der im Dienste einer Gliedkirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland oder eines ihrer Werke steht oder gestanden hat und dessen Rechte aus der Ordination nicht aufgehoben oder eingeschränkt sind.
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§ 14

Das Gesetz tritt am 1. Juli 1959 in Kraft.
Gleichzeitig wird Teil A des Gesetzes über die kirchliche Versorgung und über den Schutz der Minderheiten vom 7. Juli 1921 (Thür. Kirchenblatt Seite 23) nebst Änderungsgesetz vom 29. April 1948 (Amtliche Bekanntmachungen Folge 9) mit Ausnahme des § 4 und des § 7 in der Fassung vom 25. April 1931 (Thür. Kirchenblatt Seite 17) aufgehoben. In § 7 treten an die Stelle der Bezeichnungen Kirchenvorstand und Landeskirchentag die Bezeichnungen Gemeindekirchenrat und Synode.
Der Landeskirchenrat kann Ausführungsbestimmungen erlassen und entscheidet in Zweifelsfällen.