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Verordnung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland für die
kirchliche Bevollmächtigung zur Erteilung des Evangelischen Religionsunterrichts
an öffentlichen Schulen (Vokationsverordnung – VokV)

Vom 23. Oktober 2015

(ABl. S. 267)

Der Landeskirchenrat hat aufgrund von Artikel 61 Absatz 1 Nummer 3 der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Kirchenverfassung EKM – KVerfEKM) vom 5. Juli 2008 (ABl. S. 183) die folgende Verordnung erlassen:
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Präambel

Der Religionsunterricht ist im Freistaat Thüringen, im Land Sachsen-Anhalt und im Freistaat Sachsen an öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts ist er im Kirchengebiet der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland nach deren kirchlichen Grundsätzen zu erteilen.
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§ 1
Kirchliche Bevollmächtigung

( 1 ) Für die Erteilung des Evangelischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen im Kirchengebiet benötigen Lehrkräfte eine kirchliche Bevollmächtigung durch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland.
( 2 ) Die Bevollmächtigung beinhaltet das kirchliche Einverständnis mit der Erteilung des Religionsunterrichts durch die Lehrkraft. Zugleich enthält sie eine Zusage der Kirche zur Unterstützung der Lehrkraft durch Fortbildungsangebote, fachliche und persönliche Beratung sowie Begleitung bei der Wahrnehmung des Dienstes in der Schule.
( 3 ) Über die Bevollmächtigung wird eine Urkunde ausgestellt. Sie wird von der Landesbischöfin oder dem Landesbischof nach Maßgabe der kirchlichen Ordnung verliehen.
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§ 2
Öffentliche Schulen

Nach dieser Verordnung sind staatliche Schulen und Schulen in freier Trägerschaft öffentliche Schulen.
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§ 3
Persönlicher Geltungsbereich

( 1 ) Die Verleihung der kirchlichen Bevollmächtigung an Lehrkräfte, die in keinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur Landeskirche oder zu deren Untergliederungen stehen, richtet sich nach dieser Verordnung.
( 2 ) Auf die im Rahmen eines kirchlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnisses im Religionsunterricht eingesetzten Mitarbeitenden ist diese Verordnung nicht anwendbar.
( 3 ) Unabhängig vom Bestehen eines kirchlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnisses bedarf keiner kirchlichen Bevollmächtigung, wer durch Ordination zur öffentlichen Wortverkündigung und zur Sakramentsverwaltung in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland beauftragt ist und die Lehrbefähigung für das Fach Evangelische Religion nachweist.
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§ 4
Rechte und Pflichten der Lehrkräfte

( 1 ) Kirchlich bevollmächtigte Lehrkräfte sind verpflichtet, den Religionsunterricht in der Bindung an Schrift und Bekenntnis entsprechend der kirchlichen Ordnung zu erteilen. Sie arbeiten mit den Beauftragten der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland für den Evangelischen Religionsunterricht, nachfolgend Schulbeauftragte genannt, zusammen. Hinsichtlich ihres Religionsunterrichts gewähren sie der oder dem zuständigen Schulbeauftragten mündliche und schriftliche Auskünfte sowie Einsichtnahme in den Unterricht. Die Teilnahme an fachbezogenen Fortbildungsangeboten wird erwartet.
( 2 ) Kirchlich bevollmächtigte Lehrkräfte sind zur Mitwirkung am kirchlichen Leben eingeladen. Sie sind berechtigt, in Abstimmung mit der oder dem zuständigen Schulbeauftragten an öffentlichen Schulen bei Beachtung der dort geltenden Ordnung Andachten und Gottesdienste vorzubereiten und durchzuführen.
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§ 5
Formen der kirchlichen Bevollmächtigung, Antragserfordernis, Hindernis

( 1 ) Die kirchliche Bevollmächtigung kann Lehrkräften
  1. unbegrenzt als Vokation,
  2. als vorläufige kirchliche Unterrichtserlaubnis oder
  3. begrenzbar als kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung
verliehen werden.
( 2 ) Kirchliche Bevollmächtigungen anderer Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland entsprechend Absatz 1 Nummer 1 und 2 können anerkannt werden, wenn die Lehrkraft deren Fortgeltung nachweist.
( 3 ) Die Lehrkraft beantragt die Erteilung oder die Anerkennung einer kirchlichen Bevollmächtigung rechtzeitig vor ihrem geplanten Einsatz im Religionsunterricht schriftlich beim Landeskirchenamt.
( 4 ) Eine wiederholte Taufe ist mit einer kirchlichen Bevollmächtigung nicht vereinbar.
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§ 6
Vokation

Lehrkräften kann eine Vokation erteilt oder anerkannt werden, wenn
  1. sie Mitglied der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer anderen Kirche, mit der Kirchengemeinschaft besteht, sind,
  2. sie eine staatliche Lehrbefähigung für das Fach Evangelische Religion nachweisen,
  3. sie bereit sind, ihren Verpflichtungen gemäß § 4 Absatz 1 nachzukommen, und
  4. sie an einer Vokationstagung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland teilgenommen haben.
Satz 1 Nummer 3 bedarf einer schriftlichen Erklärung.
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§ 7
Vorläufige kirchliche Unterrichtserlaubnis

( 1 ) Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärtern, die die erste Staatsprüfung für das Lehramt im Fach Evangelische Religion bestanden haben, kann für die Dauer deren zweiten Ausbildungsphase eine vorläufige kirchliche Unterrichterlaubnis erteilt oder anerkannt werden, wenn sie die Voraussetzungen des § 6 Satz 1 Nummer 1 und 3 erfüllen.
( 2 ) Absatz 1 gilt entsprechend für Lehrkräfte, die an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Weiterbildungsmaßnahme zur Erlangung der Lehrbefähigung für das Fach Evangelische Religion teilnehmen.
( 3 ) Die vorläufige Unterrichtserlaubnis gilt in der Regel für die Dauer der Ausbildungs- oder Weiterbildungsmaßnahme bis zur Verleihung der Vokation. Sie erlischt spätestens nach Ablauf von drei Jahren vom Zeitpunkt ihrer Erteilung an. Über Ausnahmen entscheidet auf schriftlichen Antrag das Landeskirchenamt.
( 4 ) Das Landeskirchenamt informiert die Lehrkraft schriftlich über Absatz 3.
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§ 8
Kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung

( 1 ) Einer Lehrkraft, die nicht die Voraussetzung des § 6 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, kann eine kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung erteilt werden, wenn
  1. mit der Religionsgemeinschaft, der die Lehrkraft angehört, eine Rahmenvereinbarung zur kirchlichen Bevollmächtigung von Angehörigen der nicht in Kirchengemeinschaft zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland stehenden Religionsgemeinschaften abgeschlossen ist,
  2. die Lehrkraft die Voraussetzungen des § 6 Satz 1 Nummer 2 bis 4 erfüllt,
  3. die Lehrkraft sich schriftlich zur Enthaltung jeglicher Sonderlehren sowie zur Unterlassung der Werbung für ihre Religionsgemeinschaft im Evangelischen Religionsunterricht verpflichtet und
  4. die Religionsgemeinschaft schriftlich der Erteilung des Evangelischen Religionsunterrichts durch die Lehrkraft zustimmt und deren Verpflichtungen nach Nummer 3 zustimmend zur Kenntnis nimmt.
Auf das Erfordernis einer Rahmenvereinbarung nach Satz 1 Nummer 1 kann im Einzelfall verzichtet werden.
( 2 ) Die kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung kann auf einzelne Schulen, bestimmte Unterrichtsgruppen sowie zeitlich begrenzt werden.
( 3 ) Die Lehrkraft hat jeden Wechsel der Einsatzschule der oder dem zuständigen Schulbeauftragten anzuzeigen. Ihre Religionsgemeinschaft ist verpflichtet, die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland
  1. über einen Widerruf der Zustimmung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4,
  2. über eine wiederholte Taufe der Lehrkraft sowie
  3. über einen Austritt der Lehrkraft aus der Religionsgemeinschaft
unverzüglich zu informieren.
( 4 ) Auf Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter sowie auf Lehrkräfte, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen zur Erlangung der Lehrbefähigung für das Fach Evangelische Religion teilnehmen und die Voraussetzung des § 6 Satz 1 Nummer 3 erfüllen, ist Absatz 1 bis 3 mit Ausnahme des Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sinngemäß anwendbar. Ihre kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung erlischt spätestens zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme.
( 5 ) Das Landeskirchenamt informiert die Lehrkraft und deren Religionsgemeinschaft schriftlich über die jeweiligen Mitteilungspflichten nach Absatz 3 sowie über das Erlöschen nach Absatz 4 Satz 2.
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§ 9
Erlöschen der kirchlichen Bevollmächtigung

( 1 ) Die kirchliche Bevollmächtigung erlischt, wenn
  1. die Voraussetzungen für deren Verleihung nicht mehr bestehen,
  2. sie widerrufen wird oder
  3. die Lehrkraft auf die sich aus ihr ergebenden Rechte gegenüber der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland schriftlich verzichtet.
Die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Satz 1 Nummer 2 sind insbesondere dann erfüllt, wenn die Lehrkraft ihre sich aus dieser Verordnung ergebenden Pflichten erheblich und nachhaltig verletzt.
( 2 ) Entscheidungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 trifft das Landeskirchenamt nach Anhörung der Lehrkraft und der oder des zuständigen Schulbeauftragten. Vor dem Widerruf einer Anerkennung nach § 5 Absatz 2 ist auch die Kirche, die die kirchliche Bevollmächtigung verliehen hat, anzuhören. Soll eine kirchliche Unterrichtsbevollmächtigung widerrufen werden, ist zuvor die Stellungnahme der Religionsgemeinschaft, der die Lehrkraft angehört, einzuholen.
( 3 ) Bei Erlöschen der kirchlichen Bevollmächtigung ist die Urkunde gemäß § 1 Absatz 3 unverzüglich dem Landeskirchenamt zurück zu geben. Dieses teilt das Erlöschen den obersten Schulverwaltungsbehörden des Freistaats Thüringen, des Landes Sachsen-Anhalt und des Freistaats Sachsen mit. Von Satz 1 und 2 kann abgesehen werden, wenn das Erlöschen auf dem Ablauf einer zeitlichen Befristung beruht.
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§ 10
Rechtsbehelf

Gegen die Ablehnung von Anträgen nach § 5 Absatz 3 und § 7 Absatz 3 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen nach § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 2 Satz 1 kann die Lehrkraft innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheids schriftlich Widerspruch beim Landeskirchenamt einlegen. Der Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Über den Widerspruch entscheidet das Kollegium des Landeskirchenamts.
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§ 11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Vokationsordnung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen vom 11. Mai 1993 (ABl. ELKTh S. 115),
  2. die Ordnung der Vokation für den evangelischen Religionsunterricht in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen vom 11. Juli 1992 (ABl. EKKPS 1999 S. 65),
  3. die Ausführungsbestimmungen zur Vokationsordnung der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen vom 27. Juli 1992 (ABl. EKKPS 1999 S. 66).