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Richtlinie über die Anlage
des Geld- und Wertpapiervermögens
der Kirchengemeinden und Kirchenkreise
der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
(Anlagerichtlinie Kirchenkreise – AnlRKK)

Vom 26. April 2024 (ABl. S. 79).

Der Landeskirchenrat hat aufgrund von Artikel 82 Absatz 1 der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Kirchenverfassung EKM – KVerfEKM) vom 5. Juli 2008 (ABl. S. 183), zuletzt geändert am 22. April 2023 (ABl. S. 106), und gemäß § 62 Nummer 6 des Kirchengesetzes über das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen der Kirchengemeinden und Kirchenkreise in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesengesetz Kirchenkreise – HKRGK) vom 27. April 2022 (ABl. S. 102) folgende Richtlinie erlassen:
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§ 1
Geltungsbereich

Diese Richtlinie regelt die Anlage des Geld- und Wertpapiervermögens der Kirchengemeinden, Kirchenkreise, ihrer nichtrechtsfähigen kirchlichen Stiftungen sowie ihrer unselbständigen Einrichtungen und Werke.
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§ 2
Liquiditätsplanung

Der Barbestand und der Bestand auf Bankkonten (Kassenbestand) sind auf der Grundlage einer Liquiditätsplanung wirtschaftlich zu verwalten.
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§ 3
Anlagegrundsätze zur Verwaltung des Geld- und Wertpapiervermögens

( 1 ) Geldmittel, die nicht als Kassenbestand auf laufenden Konten für den Zahlungsverkehr (Liquidität) benötigt werden, sowie Finanzanlagen zur Deckung der Rücklagen und finanzierter Rückstellungen sind sicher und Ertrag bringend anzulegen. Die Art der Anlage muss mit dem kirchlichen Auftrag vereinbar sein (§ 4). Dabei ist darauf zu achten, dass die Mittel bei Bedarf verfügbar sind.
( 2 ) Zur Liquidität zählen auch Termin- und Tagesgelder sowie Spareinlagen mit einer Laufzeit von bis zu zwölf Monaten.
( 3 ) Die Anlagen sind so zu wählen, dass das gesamte Geld- und Wertpapiervermögen langfristig erhalten bleibt. Grundsätzlich ist ein realer Kapitalerhalt anzustreben. Vorrangig für die Anlageentscheidung ist der Grundsatz „Sicherheit vor Ertrag“.
( 4 ) Die Fälligkeiten des Geld- und Wertpapiervermögens sollen so gewählt werden, dass eine optimale Verteilung des Vermögens gewährleistet ist. Durch die Fälligkeitsstruktur soll das Wiederanlagerisiko hinsichtlich der dann jeweils gültigen Zinssätze reduziert werden und gegebenenfalls dann geplante Investitionen realisiert werden können.
( 5 ) Die mit der Verwaltung des Geld- und Wertpapiervermögens anfallenden externen Kosten insbesondere bei Finanzdienstleistungen für Produkte nach § 5 und § 7 werden aus den laufenden Einnahmen aus der Geld- und Wertpapierverwaltung finanziert.
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§ 4
Vereinbarkeit mit dem kirchlichen Auftrag

( 1 ) Anlagen sind mit dem kirchlichen Auftrag vereinbar, wenn sie mit den Grundsätzen aus dem „Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlagen in der Evangelischen Kirche“ (EKD-Leitfaden) übereinstimmen, insbesondere wenn sie sozialverträglich, ökologisch und generationengerecht sind.
( 2 ) Die im Leitfaden genannten Ausschlusskriterien gelten jeweils in der aktuellen Fassung.
( 3 ) Bei Anlageprodukten einer der evangelischen Kirchenbanken sowie bei Fonds aus der Freigabeliste (vergleiche § 5 Absatz 2 Nummer 4) kann von einer leitfadenkonformen Anlage ausgegangen werden. Bei Anlageprodukten anderer zulässiger Anbieter ist die Leitfadenkonformität schriftlich im Rahmen der Beratungsdokumentation vom Anbieter bestätigen zu lassen.
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§ 5
Zulässige Anlageformen

( 1 ) Folgende Anlagen und Beteiligungen sind zulässig:
Anlagesegment
Maximaler Anteil
Geld- und Wertpapiervermögen
(in Prozent)
pro Emittent
(in Prozent)
1. Konten und Geldanlagen bei deutschen Kreditinstituten
100
maximal in Höhe der institutsbezogenen Einlagensicherung1#
2. Anteile an von der Landeskirche verwalteten Anlageformen (zurzeit Grundvermögensfonds und Geldanlagenfonds)
unbegrenzt im Rahmen der Regelungen der jeweiligen Anlageform
3. Genossenschaftsanteile Deutscher Volks- und Raiffeisenbanken einschließlich Kirchenbanken
5
5
4. Genossenschaftsbeiligung an Oikocredit
5
Kirchengemeinde
5 000 Euro;
Kirchenkreis 15 000 Euro
5. Unternehmensbeteiligungen, die in Zusammenhang mit Zuckerrüben stehen, insbesondere Anteile „Z“ der Süddeutschen Zuckerrübenverwertungs-Genossenschaft (SZVG) und Namensaktien der Nordzucker Holding AG
unbegrenzt im Rahmen der kirchlichen Grundstücksverwaltung
6. Beteiligungen im Rahmen des § 66 Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesengesetz Kirchenkreise – HKRGK)
im wirtschaftlich sinnvollen und notwendigen Rahmen (im Genehmigungsverfahren mit der Aufsichtsbehörde abzustimmen)
Genehmigungsvorbehalte nach § 22 Absatz 1 Nummer 1 Verwaltungs- und Aufsichtsgesetz sowie nach Nummer 22.2 Absatz 2 Verwaltungs- und Aufsichtsverordnung bleiben unberührt.
( 2 ) Darüber hinaus sind für Kirchengemeinden, die von einem Kreiskirchenamt verwaltet werden und Mitglied einer Kassengemeinschaft sind sowie Kirchenkreise folgende Anlagen zulässig:
Anlagesegment
Maximaler Anteil
Geld- und Wertpapiervermögen (in Prozent)
pro Emittent/Fonds
(in Prozent)
1. festverzinsliche Wertpapiere (mindestens Investment-Grade)
100
10
2. Nachranganlagen der Evangelischen Bank eG, Bank für Kirche und Diakonie eG – KD-Bank sowie deutschen Landesbanken mit einem Rating von mindestens A3 bzw. A- gemäß Ratingtabelle
20
10
3. Geldmarktfonds und Rentenfonds, die größtenteils in Anleihen von Emittenten mit guter/sehr guter Bonität (Investment Grade) investieren
100
10
4. gemischte Fonds mit defensiver Ausrichtung (Aktienanteil bis zu 30 %, Rentenanteil größtenteils Investmentgrade)Der Aktienanteil aus 4. und 5. darf 20 % des Geld- und Wertpapiervermögens nicht übersteigen.
Es ist die maximale Aktienquote gemäß Produktinformationsblatt je Zielfonds anzusetzen.
10
5. Aktienfonds und gemischte Fonds mit mehr als 30 % Aktienanteil (nach Freigabe durch das Landeskirchenamt)
10
6. Offene Immobilienfonds (nach Freigabe durch das Landeskirchenamt auch Spezialimmobilienfonds)
20
10
7. Offene Infrastrukturfonds (nach Freigabe durch das Landeskirchenamt)
10
10
( 3 ) Für die Bewertung des Investmentgrades ist die Tabelle (Anlage) verbindlich. Im Falle eines unterschiedlichen Ratings durch verschiedene Agenturen zählt das schlechteste Rating.
( 4 ) Fonds gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 5 und 7 sowie Spezialimmobilienfonds gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 6 werden vom Landeskirchenkirchenamt im Rahmen einer Freigabeliste generell zur Anlage freigegeben. Im Einzelfall ist eine individuelle Freigabe auf schriftliche Anfrage möglich. Der maximale Anteil je Fonds sowie die jeweiligen Quoten je Anlageklasse sind zu beachten.
( 5 ) Quotenüberschreitungen, die durch Kursentwicklungen der Zielinvestments entstanden sind, sind bis zu 5 Prozent des Geld- und Wertpapiervermögens zulässig. Bei weitergehenden Überschreitungen hat bei der Aktienquote innerhalb von drei Monaten nach Feststellung ein Angleich an die maximal zulässige Quote des jeweiligen Anlagesegments zu erfolgen. Bei allen anderen Anlagesegmenten ist das Landeskirchenamt zu informieren und eine wirtschaftlich sinnvolle Verfahrensweise zu vereinbaren.
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§ 6
Beschränkungen

( 1 ) Mit der Anlage in Wertpapieren nach § 5 Absatz 1 und § 5 Absatz 2 Nummer 1 und 2 dürfen keine Währungsrisiken verbunden sein. Fonds nach § 5 Absatz 2 Nummern 3, 4 und 6 müssen in Euro aufgelegt und überwiegend in Euro investiert oder überwiegend gegen Währungsverluste gesichert sein.
( 2 ) Im Fall des Downgrades von Anlagen auf ein Rating unterhalb von Investmentgrade nach § 5 Absatz 3 soll der Anteil dieser Anlagen am Geld- und Wertpapiervermögen 5 Prozent nicht überschreiten. Bei Überschreitungen ist das Landeskirchenamt zu informieren und eine wirtschaftlich sinnvolle Verfahrensweise zu vereinbaren.
( 3 ) Sollte das Landeskirchenamt die Freigabe nach § 5 Absatz 4 für ein im Bestand befindliches Wertpapier aufheben, ist über die weitere Verfahrensweise mit dem Landeskirchenamt Einvernehmen herzustellen.
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§ 7
Vermögensverwaltung

( 1 ) Anleger gemäß § 5 Absatz 2 können ihr Vermögen oder Teile davon durch spezialisierte Dienstleister im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages fremdverwalten lassen. Es dürfen maximal 50 Prozent des Geld- und Wertpapiervermögens von einem Anbieter verwaltet werden.
( 2 ) Die Vermögensverwaltungsverträge müssen so gestaltet sein, dass die maximalen Quoten gemäß § 5 Absatz 2 auf Ebene des gesamten Geld- und Wertpapiervermögens eingehalten werden. Die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien gemäß § 4 ist vertraglich zu vereinbaren.
( 3 ) Fondsanlagen gemäß § 5 Absatz 2 Nummer 4, 5 und 6 bedürfen im Rahmen einer Vermögensverwaltung keiner Zustimmung durch das Landeskirchenamt.
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§ 8
Fonds für Wertschwankungen

( 1 ) Für Anlagen, die Wertschwankungen unterliegen, sind Rücklagen zu bilden. Hierzu zählen insbesondere Anlagen nach § 5 Absatz 2 Nummer 3 bis 7 sowie Vermögensverwaltungen nach § 7. Die Höhe der zu bildenden Rücklagen beträgt 10 Prozent der jährlichen Bruttoerträge aus den verwalteten Anlagen. Bruttoerträge aus verwalteten Anlagen sind die Erträge, die dem Anleger unmittelbar zugeflossen sind.
( 2 ) Keine Rücklagen sind zu bilden für Anlagen, die bei Endfälligkeit in voller Höhe zurückgezahlt werden und durch einen Sicherungsfonds geschützt sind.
( 3 ) Bei Kassengemeinschaften ist die Rücklage durch die kassenführende Stelle zu bilden und im Rechtsträger des Kreiskirchenamts darzustellen.
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§ 9
Berichterstattung

( 1 ) Für die Entscheidung über Anlagen nach § 5 Absatz 1 ist das jeweilige Leitungsorgan zuständig.
( 2 ) Für die Entscheidung über Anlagen bei den Kassengemeinschaften nach § 5 Absatz 2 ist das Kreiskirchenamt zuständig. Das Kreiskirchenamt berichtet jährlich über die Anlagen und deren Ergebnisse dem Verwaltungsrat.
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§ 10
Übergangsregelung

( 1 ) Für bereits bestehende Anlagen gilt hinsichtlich der Transformation in die zukünftige Anlagestruktur laut dieser Richtlinie ein Übergangszeitraum von zwei Jahren beginnend ab dem Inkrafttreten.
( 2 ) Die Frist kann für Kirchengemeinden nach § 5 Absatz 1 mit Genehmigung des zuständigen Kreiskirchenamtes auf bis zu fünf Jahre verlängert werden; in allen anderen Fällen ist die Verlängerung der Frist längstens für fünf Jahre durch das Landeskirchenamt möglich.
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§ 11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Richtlinie tritt am 1. Juli 2024 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Richtlinie über die Anlage des Geld- und Wertpapiervermögens der Kirchengemeinden und Kirchenkreise der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Anlagerichtlinie Kirchenkreise – AnlRKK) vom 6. September 2019 (ABl. S. 242) außer Kraft.
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Anlage: Ratingtabelle2#

Moody's
Standard & Poor's
Fitch
Bonitätsbewertung
Sehr gute Anleihen (Investmentgrade)
Aaa
AAA
AAA
höchste Kapitalausstattung, geringstes Ausfallrisiko
Aa1
AA+
AA+
sehr gute Kapitalausstattung, aber etwas größeres Risiko als die Spitzengruppe
Aa2
AA
AA
Aa3
AA-
AA-
Gute Anleihen (Investmentgrade)
A1
A+
A+
gute Kapitalausstattung,viele gute Investmenteigenschaften, aber auch Elemente, die sich bei veränderter Wirtschaftsentwicklung negativ auswirken können
A2
A
A
A3
A-
A-
Baa1
BBB+
BBB+
angemessene Kapitalausstattung, aber verringerter Schutz gegen die Einflüsse sich verändernder Wirtschaftsentwicklung
Baa2
BBB
BBB
Baa3
BBB-
BBB-
Spekulative Anleihen (kein Investmentgrade)
Ba1
BB+
BB+
spekulative Anlage, nur mäßige Deckung für Zins- und Rückzahlungen
Ba2
BB
BB
Ba3
BB-
BB-
B1
B+
B+
sehr spekulativ, generell fehlende Eigenschaften eines wünschenswerten Investments, langfristige Zinserwartung gering
B2
B
B
B3
B-
B-
Junk Bonds (kein Investmentgrade)
Caa1
CCC+
CCC
niedrigste Qualität, geringster Anlegerschutz, in Zahlungsverzug oder in direkter Gefahr des Verzugs
Caa2
CCC
CC
Caa3
CCC-
C
Ca
CC
C
C
D
D
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Hinweis zum Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlagen
in der Evangelischen Kirche

Die vorliegende Richtlinie bewegt sich im Rahmen der aktuellen Auflage des vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegebenen Leitfadens für ethisch nachhaltige Geldanlagen in der Evangelischen Kirche, EKD-Texte 113, Hannover 2023.
Beziehbar ist das Heft über: EKD, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover.
Der Text ist im Internet nachzulesen unter: www.ekd.de/leitfaden-ethisch-nachhaltige-geldanlage-67972.htm

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1 ↑ Die institutsbezogene Einlagensicherung ist bei Privatbanken institutsabhängig (für Mitglieder des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. siehe: https://einlagensicherungsfonds.de/abfrage-der-sicherungsgrenze). Bei Sparkassen (http://www.dsgv.de/sicherungssystem) und Genossenschaftsbanken/Kirchenbanken (https://www.bvr-institutssicherung.de), die Mitglied in ihrem jeweiligen Sicherungssystem sind, ist diese unbegrenzt.
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2 ↑ Quelle: Basisinformationen über Wertpapiere und weitere Kapitalanlagen (12. Ausgabe 2017)